Jose Dalisay liest beim Literaturpflaster

Erster Roman des philippinischen Autors „Killing Time in a Warm Place“ ist auch autobiografisch

Der Literaturpflasterstein aus den Händen von Hauptorganisatorin Rikarde Riedesel als Dankeschön am Ende einer Veranstaltung erfreut Jose Dalisay. (Foto: Jens Gesper)

Bad Berleburg. „Killing Time in a Warm Place“, das kann man übersetzen mit: Zeit totschlagen an einem warmen Ort. Ebenso kann aber auch gemeint sein: Zeit zum Töten an einem warmen Ort. Der warme Ort war ganz klar der Insel-Archipel Philippinen. Über die sonstige Doppeldeutigkeit im Titel seines Romans freute sich jetzt Jose Dalisay bei seiner Lesung auf dem Berleburger Literaturpflaster. Und darüber, dass der englische Name genauso für die deutsche Ausgabe übernommen wurde. Denn seine Geschichte handele von Beidem. Jose Dalisay muss es wissen. Nicht nur, weil er den Roman geschrieben hat, sondern auch weil er die Geschichte selbst erlebt hat.

Nach der Literaturpflaster-Lesung besteht wie gewohnt die Möglichkeit, mit dem weit gereisten Schriftsteller, diesmal Jose Dalisay, ins Gespräch zu kommen und sich eines seiner Werke signieren zu lassen. (Foto: Jens Gesper)
Nach der Literaturpflaster-Lesung besteht wie gewohnt die Möglichkeit, mit dem weit gereisten Schriftsteller, diesmal Jose Dalisay, ins Gespräch zu kommen und sich eines seiner Werke signieren zu lassen. (Foto: Jens Gesper)
Nach der Lesung von Jose Dalisay im Foyer der EJOT-Holding im Berleburger Herrengarten applaudieren 60 Zuhörende dem philippinischen Schriftsteller begeistert. (Foto: Jens Gesper)
Gern nimmt Anke Zinkann (rechts) von der Firma EJOT den Literaturpflasterstein aus den Händen von Hauptorganisatorin Rikarde Riedesel in Empfang. Auch in diesem Jahr ist das Foyer der EJOT-Holding wieder ein perfekter Lesungsort. (Foto: Jens Gesper)

Wie sein Protagonist Noel im Roman war der Autor selbst in den 1970er Jahren im studentischen Widerstand gegen den unrechtmäßigen Präsidenten Ferdinand Marcos und seine Diktatur. Wie Noel ging Jose Dalisay zeitweise in den Untergrund. Wie Noel war Jose Dalisay zeitweise im Gefängnis. Wie Noel musste sich Jose Dalisay mit den politischen Gegebenheiten arrangieren, um sein Leben zu finanzieren.

Bei der Lesung im Foyer der EJOT-Holding im Berleburger Herrengarten erklärte es der Schriftsteller vor 60 Zuhörenden so: „Ich wollte kämpfen, aber ich wollte auch überleben.“ Eine Dilemma-Situation, in die Menschen immer wieder und überall in unfreien Gesellschaften geraten.

„Killing Time in a Warm Place“ war Jose Dalisays erster Roman. Wie bei den meisten Autoren sei sein Erstling auch autobiografisch gewesen. Pi mal Daumen taxierte er, dass Noels Geschichte etwa zu 60 Prozent seine eigene gewesen sei. Aber die künstlerische Freiheit in einem fiktionalen Text habe ihm mehr Möglichkeiten gegeben, dem Leben der Menschen seines Volkes einen Sinn zu geben. Ein Volk, das sich an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in den neuen Kolonialherrn „Amerika“ verliebt habe, nachdem dessen Soldaten zunächst 100.000 Filipinos im Krieg getötet hätten. Ein Volk, das zwei legale Wahlperioden lang in die wirtschaftlichen Erfolge des gutaussehenden Ferdinand Marcos - ein exzellenter Rechtsanwalt und brillanter Redner - viel Hoffnung gesetzt habe. Doch dann in einer dritten, einer illegalen Marcos-Amtszeit regierten allein Korruption und Vetternwirtschaft.

1986 war Jose Dalisay mit seiner Ehefrau June, die ihn jetzt nach Bad Berleburg begleitete, bei der Revolution dabei, die die Marcos-Herrschaft beendete. Anschließend ging der Autor nach Amerika, schrieb dort auf Englisch den Roman, der die Abschlussarbeit seines Universitäts-Studiums war. Man habe das Buch sofort in den USA veröffentlichen wollen, doch er wollte, dass es erst auf den Philippinen auf den Markt komme, so Jose Dalisay: „Für mich war es wichtiger, dass mein Volk den Roman liest.“

Im Nachwort von 2024 zum Roman erklärt Jose Dalisay die ursprüngliche Motivation für „Killing Time in a Warm Place“: „Ich dachte damals, das Beste wäre es, einen Roman zu schreiben, in dem ich versuchte zu erklären, wie und warum Menschen in den Bann einer Diktatur geraten so wie in Nazi-Deutschland. Mein Roman sollte eigentlich von der Vergangenheit handeln. Warum ist er plötzlich wieder so aktuell?“

Denn der Präsident auf den Philippinen heißt wieder Ferdinand Marcos und ist der Sohn des früheren Diktators. Interessanterweise war der 71-jährige Jose Dalisay jetzt dennoch ein prominentes Aushängeschild für den staatlich organisierten Auftritt der Philippinen auf der Frankfurter Buchmesse. Irgendwie sendet auch das Land also doppeldeutige Signale.

Von Jens Gesper


WESTFALENPOST (29.10.2025)
Internet: www.wp.de/staedte/wittgenstein/
Bildquelle: Fotos (5) von Jens Gesper

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