„Es ist die Kraft der Kunst, öffentlich die Wahrheit zu sagen“

Archie Oclos zeigt beim Literaturpflaster in der Berleburger Volksbank „Straßenkatzen von Manila“

Bad Berleburg. Der eine Zeichner bedauert, dass er nach seinem Gefühl in Wittgenstein gar keine Katzen auf der Straße sieht, die andere Autorin begründet ihr spätes Roman-Debüt damit, dass sie erstmal Geld verdienen musste für die Wohnungsmiete - und das Futter ihrer Katzen. Schon in den vergangenen Wochen konnte man auf dem Berleburger Literaturpflaster den Eindruck gewinnen, dass die Menschen von den Philippinen ein besonderes Verhältnis zu Katzen haben. Genau das bestätigt jetzt offenbar auch eine Ausstellung in der Berleburger Hauptgeschäftsstelle der Volksbank Wittgenstein. Hier sind 50 mal 70 Zentimeter große Abzüge von Zeichnungen aus dem Buch „Die Straßenkatzen von Manila“ zu sehen, insgesamt 20 Stück. Ihr Schöpfer ist Archie Oclos, mitten in seinen 30ern auf dem Weg zum 40. Geburtstag. Eigentlich ist er als philippinischer Künstler bekannt, mit Kohlezeichnungen, Gemälden auf Leinwand oder Reissäcken, mit großformatigen Wandmalereien.

Sein Buch entspricht nicht üblichen Vorstellungen: Während die rechte Seite eine Zeichnung zeigt, stehen auf der linken Seite drei Wörter wie „Anmut“ und „Kaltherzig“ oder drei Ausdrücke vom Kaliber „Satt essen“ und „Zähne zeigen“. Für die Geschichte, die daraus entstehen kann, ist Jede und Jeder selbst zuständig. Alle können sich ihren eigenen Reim auf die Kombinationen aus Wörtern und Bildern machen. Einen Tipp geben Überschriften wie „Die Prinzessin aus der Wohnanlage“ und „Das Duo von der Garküche“. In fünf Kapiteln wird von sechs Katzen erzählt, die in einem Schluss-Kapitel zusammentreffen. Zudem gibt es eine schriftliche Auflösung am Ende: Im Nachwort führt Archie Oclos kurz und bündig aus, um was es ihm geht. Der Autor formuliert in ganzen Sätzen seine sozialen Vorhaltungen aus: Im kontinuierlichen Vor und Zurück eines Landes, dem seine kolonialistischen Schatten und eine korrupte politische Klasse die Hoffnung auf eine gute Zukunft nehmen, deutet Archie Oclos die Schlusszeichnung seines Buchs als Happy End: „Diese letzte Bild sorgt für einen positiven und hoffnungsvollen Abschluss der Geschichte, ganz im Sinne der philippinischen Kultur des »Bayanihan«, der gegenseitigen Hilfe und Kameradschaft in der Gemeinschaft.“

Man ahnt plötzlich, dass es im Buch nur scheinbar um Katzen geht. Bei der Ausstellungseröffnung jetzt sagte Archie Oclos, der von den Philippinen per Computer zugeschaltet war, dass er aufgrund seiner Wandmalereien von Polizei und Militär bereits körperlich angegriffen worden sei. Weil er in seinen Werken das illegale Töten von Bauern und Indigenen wie nicht-rechtsstaatliche Exekutionen im Drogenkrieg des damaligen Präsidenten Rodrigo Duterte anprangerte und verurteilte. Ihm sei es wichtig, so Archie Oclos, allen Menschen, insbesondere den Jugendlichen seinen anderen Blick auf die Realität zu geben. Einen, der sich von der staatlichen Propaganda unterscheidet: „Es ist die Kraft der Kunst, öffentlich die Wahrheit zu sagen.“ Da seien ihm die Katzen gut zupassgekommen. Er liebe die Vierbeiner, habe als Radfahrer schon einige gefunden, gerettet und mit nach Hause genommen. Katzen seien sogar auf seinen Arm tätowiert. Zugeschaltet war auch Jan Karsten vom CulturBooks Verlag, der bei der Vorbereitung auf das Buchmessen-Gastland 2025 zufällig in einem philippinischen Literatur-Laden auf das Werk von Archie Oclos stieß: „Die Straßenkätzchen sind uns zugelaufen.“ Ihm habe es besonders gefallen, dass die Bilder keine Klischee-Katzen zeigten. Und die Art und Weise, wie sie von unten auf die Stadt schauten, passe einfach gut zum Programm des Hamburger Verlags.

Zu sehen ist die Ausstellung mit Archie Oclos‘ Zeichnungen während der Öffnungszeiten der Berleburger Volksbank-Hauptgeschäftsstelle noch bis Freitag, 28. November.

Text und Fotos: Jens Gesper


Berleburger Literaturpflaster auf Facebook
© 2007-2025 Berleburger Literaturpflaster - Literatur & Kultur aus dem Schwerpunktland der Frankfurter Buchmesse.
Impressum :: Datenschutz :: powered by jr webdesign