Beim Literaturpflaster trifft Wisent auf Bison

Die kanadische Autorin Judith Silverthorne berichtet über die kanadischen Cousins des europäischen Wildrindes

Judith Silverthorne (2. von rechts) und Kaja Heising (rechts) verbinden in der Wanderung durch die Bad Berleburger Wisent-Welt die Geschichte der Wisente und Bisons in Europa und Nordamerika mit interessanten biologischen Fakten. (Foto: Benedict Weinhold)

Bad Berleburg. Mit leisen Schritten nähert sich die Gruppe beim einmaligen Erlebnis des „Literaturpflaster Outdoor“ immer näher dem Wisent-Schaugehege in der Wisent-Welt Wittgenstein. Immer mehr Kameras werden gezückt. Wenn der Mensch auf den Wisent trifft, ist die Erfahrung eindrucksvoll. Wenn sich dann noch Wisent und Bison treffen, dann ist die kanadische Autorin Judith Silverthorne nicht weit.

Gemeinsam mit der Wissenschaftlichen Koordinatorin der Wisent-Welt Kaja Heising nimmt die 68-Jährige große und kleine Wisent-Fans nicht nur mit auf eine Reise auf eine drei Kilometer lange Wanderung durch das Zuhause der Wisente, sondern erzählt im Rahmen des Literaturpflasters viel über das Zusammenleben der Nordamerikaner mit dem Bison. Im Mittelpunkt steht dabei ihr Werk „Die Würdigung des Bisons“, welches den Zuhörern das Zusammenleben zwischen der indigenen Bevölkerung und dem Büffel – so der Name der Tiere innerhalb der Stämme – nahegebracht hat.

Zwischen den einzelnen Abschnitten der Wanderungen bleibt viel Zeit für die ein oder andere Anekdote, die Judith Silverthorne über die Tiere zu berichten weiß. So sind etwa die Nahrungsquellen vom Wisent und Bison nahezu identisch – vorrangig Gräser und saisonale Pflanzen. „Bison und Wisent sind, bezogen auf die Systematik, quasi Cousins. Artenschutzprojekte gibt es auch in Kanada, denn dort sind Bisons, wie hier die Wisente, ebenfalls stark bedroht. Der Mensch stand als Feind Nummer Eins lange an erster Stelle, weiß Judith Silverthorne: „Bevor die ersten Siedler vor einigen hundert Jahren nach Nordamerika kamen, lebten dort rund 50 bis 70 Millionen Bisons alleine in den USA. In 1890 waren sie nahezu ausgerottet, der Bestand wurde auf nur knapp über 1000 geschätzt. In ihrem Buch geht es um eine erstmals niedergeschriebene Erzählung des indigenen Volkes Plains Cree.

"1890 waren Bisons nahezu ausgerottet, der Bestand wurde auf knapp über 1000 geschätzt."
Judith Silverthorne, kanadische Autorin

Geschichten für die Zukunft erhalten

Über Generationen wurden alte Weisheiten und Geschichten über das Bison an die jüngere Generation weitergereicht, doch die Globalisierung macht auch vor indigenen Völkern nicht halt, sodass diese Geschichten immer seltener weitergegeben werden. „Wir wollen es für die Zukunft erhalten“, meint Judith Silverthorne. Mit „Wir“ meint sie Ray Lavallee, einem Angehörigen des indigenen Volkes, der ihr einst die Geschichte erzählte. Der Kontakt entstand durch einen Artikel zur kulturellen Lücke zwischen indigenen und nicht-indigenen Völkern, den sie für ein Magazin recherchierte.

„Als Botschafter für den Respekt vor dem freilebenden Tier steht unsere Herde im Freigehege“, so Kaja Heising. Im Laufe der Wanderung werden immer mehr Parallelen zwischen Bison und Wisent deutlich. Hauptsächlich in der Genetik gibt es Unterschiede. Sogar die Sozialstruktur, also meist Bullen als Einzelgänger und Herden aus Mutterkühen und Nachkommen, ist nahezu identisch. Belohnt werden die Wanderer mit einem Blick auf die Herde, die doch die ein oder andere Erinnerung mit der freilebenden Herde aufkommen lässt.

Respekt für das Tier

Die Illustrationen von Mike Keepness zum Buch von Judith Silverthorne können noch bis zum 30. November in der Ausstellung in der Volksbank Wittgenstein besichtigt werden.

Mit Respekt behandelten indigene Völker früher ihre „Büffel“: Das Tier diente nicht alleine dem Fleischkonsum, sondern sogar Zähne, Haut und Gedärme wurden verarbeitet.

Von Benedict Weinhold


WESTFALENPOST (30.10.2021)
Internet: www.wp.de/staedte/wittgenstein/
Bildquelle: WP-Foto von Benedict Weinhold

WESTFALENPOST

Berleburger Literaturpflaster auf Facebook
© 2007-2021 Berleburger Literaturpflaster - Literatur & Kultur aus dem Schwerpunktland der Frankfurter Buchmesse.
Impressum :: Datenschutz :: powered by jr webdesign