Literaturpflaster kulinarisch zum ersten Mal
im "Reich der Mitte"
Beim 3. Gang mussten die Gäste selbst ran
Bad Berleburg. (cw) Die Veranstaltergemeinschaft des Berleburger "Literaturpflasters" verließ in diesem Jahr zum ersten Mal eingetretene Pfade und verlegte den traditionellen kulinarischen Spezialitätenabend, der stets dem Gastland der Frankfurter Buchmesse gewidmet ist und der gewöhnlich auf Schloss Berleburg stattfindet, in das Chinarestaurant "Reich der Mitte" am Goetheplatz.
Familie Yang lebt seit 1985 in Deutschland. Zunächst war das chinesische junge Paar, das aus Tejang, einer Stadt 600 Kilometer südlich von Shanghai stammt, in Frechen bei Köln ansässig, wo auch ihre drei Kinder zur Welt kamen. Im Jahr 1998 "expandierte" die Familie mit ihren chinesischen Spezialitäten nach Bad Berleburg. Seither haben sie sich einen guten Namen gemacht.
Die 70 Gäste und Freunde der chinesischen Literatur und Kunst verwöhnten sie nun allerdings auf ganz besondere Art und Weise. Das typische Restaurantessen hatte an diesem schmackhaften Abend keinen Zutritt. Liangbo Yang und sein Team, darunter auch seine beiden großen Kinder Shuhui und Yu Chen, kredenzten den Gästen Chinesisches vom Feinsten. Jede der chinesischen Provinzen bietet ausgefallene Gerichte und die edelsten aus den südlichen chinesischen Gefilden kamen mit einem neun Gänge umfassenden Menü auf die Tische.
Bereits zu Beginn erwartete die Hungrigen eine erlesene Auswahl kalter Speisen auf Tischrondells: gekochte Ente, Eisbein, kunstvoll hergerichtete Tofustreifen, Gurken, Seetang und kaltes, gebratenes Rindfleisch sollten das Gourmet-Auge einstimmen auf die weiteren Köstlichkeiten.
Die warme Speisenfolge wurde durch eine mit Lauch verfeinerte Krabbenstreifensuppe eingeleitet. Ihr folgte eine künstlerische Kreation von Hummerkrabben, die eigentlich viel zu schade zum Essen war. Das Geschick der Gäste war bei Gang Nummer drei gefragt. Hier musste selbst gerollt werden, und zwar gebackene Pekingente mit Lauchstreifen und passendem Dressing zu einer Frühlingsrolle.
An manchem Tisch war lustiges "Handwerkeln" zu beobachten. Macht ja auch nicht jeder alle Tage. Für alle delikaten Feinfühligkeiten waren die Yangs gerüstet. Denn in Deutschland Anstößiges, wie beispielsweise in China esse das Volk Hund oder Affe, sollte hier vom Tisch sein. Das Schweinefleisch und die Lammfleischspieße fielen dabei keineswegs aus dem Rahmen.
Vorsichtig tastete sich so mancher Gaumen an das scharf gebratene Hähnchen heran, denn niemand wollte mit einer "Flamme" im Hals den Abend beschließen. Anzumerken sind hier natürlich die typisch chinesischen Getränke Reis- und Pflaumenwein, sowie Tsingtao-Bier. Zur gesunden Beilage des Menüs gehörte der Shanghaikohl mit Tongku Pilzen und Jiaozi, mit einer Fleischmasse gefüllte Teigtasche, die ihr besonderes Aroma durch Knoblauch-Mangold-Würzung erfuhr. Dazu wurden chinesische Nudeln gereicht.
Die Menülänge ließ in vier Stunden kein unangenehmes Sättigungsgefühl aufkommen, so dass auch das Dessert von allen 70 mit Spannung erwartet wurde: ein Obstteller begleitet von Klebreisbällchen, die im Geschmack den krönenden Abschluss der Haute Cuisine Chinas bot.
Während des gesamten Abends untermalte die junge, in Köln lebende Chinesin Li Xueyan mit ihrem Gu-Zheng (chinesische Zither) mit leichten Klängen die Gaumenfreuden.
Das Küchenteam war sehr darum bemüht, die Speisen in aller Natürlichkeit und mit frischen Gewürzen und Gemüsen zu zubereiten. Da blieben Bindemittel, Guarkernmehl und künstliche Aromastoffe einfach fern. Sämtliche Speisen hatten einen völlig unverfälschten, natürlichen Charakter. 70 begeisterte Kenner der internationalen Küche können einfach nicht irren: Was Liangbo Yang und sein Team da im "Reich der Mitte" auf den Tisch gestellt hat, war Spitze.
Von Christiane Weinhold