Zum Ende des 16. Literaturpflasters
in die bizarre Welt des Feng-Shui-Meisters Wong

Feng-Shui-Krimi-Autor Nury Vittachi versprühte mit Charme positive Energie im Sanitätshaus Kienzle auf die Leserinnen seines fünften Romans. (WP-Foto: Christiane Weinhold)

In die nächste Katastrophe

Bad Berleburg. (cw) Es hat alles einen Anfang und hört alles einmal auf, und das, was dazwischen lag in Bad Berleburg, war in den vergangenen vier Wochen das 16. Literaturpflaster. Umrahmt mit ihrem literarischen und sprachlichen Dazutun hat es die Schweizerin Alice Grünfelder.

Die Sinologin startete mit Betrachtungen über das Gastland China und vollendete die Reihe eher als Nebendarstellerin und Übersetzerin für den singhalesischen Autor Nury Vittachi im Sanitätshaus Kienzle vor abermals voller Kulisse.

Der 51-jährige Schriftsteller lebt mit seiner englischen Ehefrau und drei adoptierten chinesischen Kindern heute in Hongkong und offenbart sich jeden Tag aufs Neue der Welt als Multitalent. "Lesen Sie die Vita dieses Mannes, da können sie nur ehrfürchtig in sich gehen und von sich selbst behaupten, wie faul man doch selbst ist", bekennt Otto Marburger, Vorsitzender der Berleburger Kulturgemeinde.

Nury Vittachi erhielt als regimekritischer Journalist in China Publikationsverbot seiner Arbeiten. Kurzerhand disponierte er um und widmet sich seither seinem fiktiven Feng-Shui-Meister C. F. Wong und dessen attraktiver Assistentin Joyce McQuinnie. Bereits fünf Kriminalromane haben die beiden Protagonisten mit Witz, Verstand, Klugheit und Wortreichtum gefüllt. Eine duale Welt tut sich hier dem Leser auf. Was Vittachi im richtigen Leben als Kommunikation und Abbau von Vorurteilen zwischen Ost und West versteht, transportiert er gekonnt in die Handlungen der Romane hinein.

In Berleburg kamen die mehr als 80 Zuhörer in den pikanten Genuss der teils bizarren Darstellung eines Textmarkerhandels zwischen Orient und Okzident in "Der Feng-Shui-Detektiv im Auftrag Ihrer Majestät". Anstatt der bestellten 180.000 Textmarker mit gelber oder grüner Farbe, werden allerdings welche mit schwarzer Tinte geliefert - völlig absurd und der detektivisch arbeitende Feng-Shui-Berater und Meister der Geomantie, Wong, bleibt vorerst darauf sitzen. Eine Lachnummer im ausgeprägten Sinne. Da wird gar der Mord an Board eines A 380 und die anschließende Sprengung des Flugzeuges zum spaßigen Erlebnis, denn alle überleben die Attacke dank der hervorragenden Energie, versprüht durch C. F. Wong. Der kauzig-schrullige Chinese, geldgierig obendrein, schafft es in allen bis jetzt erschienenen Romanen, Harmonie in menschliche Beziehungen, mit Blick auf Ost und West, die symbolträchtig von Wong und Joyce charakterisiert werden, zu bringen, auch wenn er dabei von der einen in die nächste Katastrophe stolpert.

Feng-Shui wurde selbstverständlich in einem Fünf-Minuten-Kurs im Kienzleschen Laden abgehalten, zwischen lauter Gesundenergie, Stützstrümpfen und Badelatschen. Niemand musste zum Mitmachen aufgefordert werden. Vittachi überzeugte Männlein und Weiblein mit Yin und Yang im Selbstversuch von den eigenen Unaufgeräumtheiten, wer er oder sie nun wirklich ist und den eigenen Wert und Standpunkt klar darstellend. Ganz ernst hat der ulkige Autor dies natürlich nicht gemeint. Seine Absicht, den Menschen in Berleburg große Freude an seinen Romanen zu schenken, ist ihm damit im Übermaß gelungen.

Doch, was nützt die reinste Energie, wenn der Magen knurrt? Für ausgezeichnetes Delikatessen-Feng-Shui haben die Gastgeber Claudia Schwarz und Hubert Kienzle in diesem Jahr abermals gesorgt. Und wie kann es auch anders sein? Mit chinesischen Spezialitäten! Ein harmonischer Ausklang des 16. Berleburger Literaturpflasters, das abermals Hunderte Literaturfreunde auf den Plan rief, weit und breit Einzigartigkeit propagierte und bereits heute schon die Schatten auf das Gastland 2010, Argentinien, mit großer Spannung voraus wirft.

Von Christiane Weinhold


WESTFALENPOST (15.10.2009)
WP-Foto: Christiane Weinhold (cw)

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