Nury Vittachi aus Hongkong setzte Glanzlicht am Ende des Berleburger Literaturpflasters
Lesung mit Comedy-Teil
Bad Berleburg. (jg) Mit einem neuerlichen Glanzlicht endeten vorgestern Abend die Veranstaltungen auf dem Berleburger Literaturpflaster "China". Das Sanitätshaus Kienzle hat inzwischen Kultstatus, und auch diesmal war die Lesung zwischen Büstenhaltern und Rollstühlen mit 120 Zuhörern der größte Publikumsmagnet auf dem Literaturpflaster, wenn man von den Dia-Vorträgen in Berleburgs Haupt- und Realschule absieht. Wobei das Wort "Lesung" die Veranstaltung von Nury Vittachi eigentlich nur unzureichend zusammenfasst.
Gelesen wurde zunächst das erste Kapitel aus seinem nagelneuen Krimi "Der Fengshui-Detektiv im Auftrag ihrer Majestät". Gewitzt und humorvoll schilderte Nury Vittachi darin den Fengshui-Meister und Detektiv CF Wong, der mit einer neuen Firma "Harmoney" in Hongkong harmonisch Geld verdienen will. Allerdings will seine Kundin partout nicht die 180.000 Textmarker haben, die nicht mit einer der typischen Textmarker-Farben befüllt wurden, sondern mit schwarzer Tinte. CF Wong steht für das Chinesische oder viel allgemeiner für das Asiatische, an seiner Seite ist Assistentin Joyce McQuinnie, der australische Teenager steht für den Westen. Und auch wenn die beiden sich eigentlich beständig in die Haare kriegen, lösen sie doch stets gemeinsam die Fälle. Und das ist kein Zufall: Denn nur wenn der Westen und der Osten zusammenarbeiten, könne es eine gute Zukunft für die ganze Welt geben, erläuterte der Autor den Berleburger Zuhörern die Botschaft des Buches. Er sprach Englisch, übersetzt wurde er von Alice Grünfelder, die vor vier Wochen den Veranstaltungsreigen auf dem Literatupflaster quasi eröffnet hatte.
Und Nury Vittachi wusste, wovon er sprach. Der 51-Jährige musste seine Heimat Ceylon vor knapp 50 Jahren verlassen, weil sein Vater ein allzu kritischer Journalist für den Inselstaat war. Der Lebensweg führte den Singhalesen nach Singapur, Malaysia und Großbritannien, als Boulevard-Journalist arbeitete er in Hongkong, wo er schon früh die Kollisionen und Missverständnisse zwischen östlicher und westlicher Lebensweise thematisierte, um zu zeigen, dass diese kein Beinbruch sind.
Wie im Roman eine schöne Botschaft. Aber noch besser war, dass die Geschichten prima Unterhaltungsliteratur mit viel Witz sind. Und was sein Roman versprach, das hielt der Entertainer Nury Vittachi im Comedy-Teil seiner Lesung. Mit beißendem Spott und schönen Fotos zeigte er saukomische Werbung, Visitenkarten, Warn- und Hinweisschilder, bei denen die Chinesen ein ums andere Mal an der englischen Sprache scheiterten. Und man mochte ihm kaum glauben, dass Asien ein "relativ humorloser Platz" sei, wenn man dort Brot in Konservendosen und Mineralwasser mit doppelt soviel Geschmack und halb so vielen Kalorien kaufen kann.
Und dann gab es es noch einen Fengshui-Schnellkurs: Demnach sollten die Besucher zuhause alle tropfenden Wasserhähne reparieren, alle kaputten Glühbirnen auswechseln, alle vertrockneten Blumen wegwerfen, alle Uhren richtig stellen und alle verbrauchten Batterien ersetzen. Dann noch den Abstellraum aufräumen, die Schreibtisch-Stapel abarbeiten, das E-Mail-Postfach durch Antworten und anschließendes Wegwerfen erledigen. All das schaffe geistigen und körperlichen Raum.
Ach ja, in einem kurzweiligen Zehn-Fragen-Test konnte jeder bei Nury Vittachi rausfinden, ob er eher der Yin- oder der Yang-Typ ist. Abschluss-Empfehlung für die geneigten Zuhörer: Yang-Typen sollten sich mal selbst Blumen kaufen oder ein Gedicht schreiben, Yin-Typen sollten einfach mal ihre Katze treten oder auch mal den Ehemann rausschmeißen.
Das war lustig, und wenn man dran denkt, dass die schwarzen Textmarker doch noch ein Verkaufshit wurden, weil asiatische Behörden damit Texte wunderbar zensieren können, dann weiß man, dass man hier auf umstürzlerischem Grund lachen kann.
Von Jens Gesper