Ein Stück der Identität

Kampf um Macht und Liebe: Bjørn Andreas Bull-Hansen zu Gast beim Berleburger Literaturpflaster

Rikarde Riedesel (Mitte) moderierte, Marlene Jordan (l.) las die deutschen Auszüge, und Autor Bjørn Andreas Bull-Hansen trug einige Zeilen auf Norwegisch vor. (SZ-Foto: Sarah Benscheidt)

Bad Berleburg. (sabe) Der Facettenreichtum des Bad Berleburger Literaturpflasters, er überzeugt, begeistert und wäre wohl ohne einen norwegischen Autor mit einer Wikingergeschichte unvollständig. Als seefahrende, kriegerische, meist nordische Völker in der Zeit von etwa 800 bis 1050 n. Chr. sind diese Personengruppen nicht nur in unserem kollektiven Gedächtnis verankert, sondern diese rasante Zeit, die lange vor unserer zu Ende ging, stößt weiterhin und immerwährend auf Faszination.

Das proppenvolle Autohaus Kroh, das am Dienstagabend zur Veranstaltungsstätte wurde, lieferte dafür den wohl besten Beweis, hatten sich doch sogar einige Menschen in stilechter Wikingermontur gekleidet, um den (in seiner Heimat viel gefeierten) Autor Bjørn Andreas Bull-Hansen gebührend traditionell zu begrüßen. „Wir freuen uns sehr, dass der Zusammenschluss Rabenwind sich so spontan entschieden hat, hier mit echtem Wikingerflair eine besondere Atmosphäre zu schaffen“, so Rikarde Riedesel.

Bull-Hansen, selbst im ausgewaschenen Leinenhemd, zeigte sich von diesem Begrüßungskomitee überrascht wie geehrt. Die Wolle, die er als traditionelles Gastgeschenk bekam, sei doch geradezu perfekt für die kalten Winter in Norwegen. „Es ist schön zu sehen, wie sehr die Menschen mitfiebern, von einem Leser hat er sogar einen aus Holz geschnitzten Schild nach Norwegen geschickt bekommen“, sagte Laura Austen von der Presseabteilung des Penguin-Verlages, die Bull-Hansen während seiner Deutschland-Tournee (mit Halt an der Frankfurter Buchmesse) begleitet.

Es braucht allerdings nicht unbedingt Verständnis für diesen Kult, um die Bücher von Bjørn Andreas Bull-Hansen, die er, so scheint es, fast locker aus dem Arm schüttelt, zu mögen. 16 hat er bereits veröffentlicht, in Bad Berleburg las er aus der deutschen Erstveröffentlichung, dem ersten Buch aus der Reihe der „Jomswikinger-Saga“. Spannung, Drama, Atmosphäre, vielschichtige Charaktere, detailreiche Beschreibungen, unvorhersehbare Wendungen, eingebettet in ein Norwegen im Jahre 993 – ein wohlgefügtes Konglomerat, das nicht zuletzt von der tiefen Geschichtsaffinität des Autors profitiert. „Die Wikingerzeit und die Wikinger waren seit der Kindheit Teil meiner Identität“, sagt Bull-Hansen. „Mein Kopf besteht aus Details über die Wikinger.“

Mit dem Wikingerjungen Torstein, der zusehen muss, wie fremde (christliche) Krieger seinen Vater brutal ermorden, danach von den Mördern versklavt wird, dem allerdings die Flucht gelingt und der in den Irrungen und Wirrungen der Zeit zum berühmt-berüchtigten Jomskämpfer wird und in der Sklavin Sigfried seine Liebe findet, will Bull-Hansen die Geschichte der Bevölkerungsgruppe erzählen, „die am Ende verloren hat“.

Das Buch sei dabei keines über das Wikingerzeitalter, sondern über Menschen, die während dieser rauen Zeit lebten, „Menschen mit Hoffnungen, Ängsten und Sorgen“. Eben das habe er literarisch abzubilden versucht – und zwar ohne die „europäische Brille“: „Es ist wichtig, beide Perspektiven zu haben“, sagt er und verstärkt Gesagtes nach kurzer Überlegung noch: „Nein, eigentlich ist es wichtig, alle Perspektiven zu haben.“

Von Sarah Benscheidt


Siegener Zeitung (24.10.2019)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Foto von Sarah Benscheidt (sabe)

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