Bad Berleburg. (sabe) Hjertelig velkommen, Norge! Norwegische Autoren betreten die literarische Weltbühne – und auch einige bald die Odebornstadt. Mit dem Vortrag von Andrine Pollen, Koordinatorin des literarischen Programms der Frankfurter Buchmesse 2019, stimmten sich Literaturbegeisterte in Bad Berleburg am Donnerstag literarisch und kulturell auf das Schwerpunktland Norwegen ein, das 26. Berleburger Literaturpflaster wurde somit ganz offiziell eröffnet.
Eine proppenvolle Kur-Apotheke – als erster Veranstaltungsort – empfing dabei die Referentin, die mit fast fließendem Deutsch („vor 30 Jahren war ich Aupair-Mädchen in Deutschland“) während ihres Vortrags über norwegische Literatur Lust machte auf mehr. Auf verwegene Schriftsteller wie Knud Ibsen und Knut Hamsun, die überall und immer noch auf der Welt ein großes Publikum finden, auf von Astrid Lindgren inspirierte Kinderbuchautorinnen wie Maria Parr, auf Literatur von Polarhelden wie Erling Kagge, auf absolute literarische Popstars wie Jostein Gaarder mit „Sophies Welt“, auf Maja Lunde („Die Geschichte der Bienen“), auf aktuelle Bestsellerautoren wie Jo Nesbø oder Karl Ove Knausgård mit seiner jüngsten Veröffentlichung, der sechsteiligen Buchreihe mit den Bänden „Sterben“, „Lieben“, „Spielen“, „Leben“, „Träumen“ und „Kämpfen“.
Sagen, Thriller, Märchen, Sachbücher, samische Literatur – das kleine Volk aus dem Norden zeigt Facette, kann Facette. „Die norwegische Literatur ist stärker geworden, es ist eine sehr reiche Literatur“, erklärt Andrine Pollen dem Publikum und untermauert sogleich: „Viele Krimiautoren schreiben auch Lyrik. Es sind verschiedene Genres, aber für manche Autoren keine Gegensätze, die sich ausschließen.“
Deutschland sei dabei ein „geschätzter Absatzmarkt“ für norwegische Literatur – und auch sonst scheinen die wilden Fjorde, die einsamen Weiten und die spektakuläre Natur des Landes die Berleburger zu faszinieren. Wer denn schon einmal eine Reise gewagt habe in den hohen Norden, fragt Andrine Pollen und sieht sich zahlreichen in die Luft gestreckten Händen gegenüber.
Die Landschaft, sie fasziniert, sie verzaubert – die literarische gleichfalls: Gespannt und versunken lausche man der Expertin von Norla (Norwegian Literature Abroad), lausche Erzählungen über Autoren und Schriftsteller, lausche Norwegens Geschichte: Norweger lesen mehr als andere europäische Nationen („das liegt bestimmt an unseren kalten Wintern“), im hohen Norden können tatsächlich Kirschen und Erdbeeren gedeihen, und das kleine Land mit nicht mehr als fünf Millionen Einwohnern hat bereits drei Literaturnobelpreisträger hervorgebracht.
Es war ein traumhaft schöner und lehrreicher Abend, wie ihn sich Andrine Pollen zu Anfang (und in Anlehnung an das Gedicht von Olaf H. Hauge, das mottogebend für die Frankfurter Buchmesse mit Schwerpunktland Norwegen ist, an das sich das Literaturpflaster traditionell anschließt) für die Zuhörerschaft wünschte. Er brachte eine Reise in neue Wirklichkeiten, Einblicke in eine andere (literarische) Welt, er ließ den Traum von Olaf H. Hauge wohl ein Stückchen wirklicher werden: „Das ist der Traum, den wir tragen, dass etwas Wunderbares geschieht, geschehen muss – dass die Zeit sich öffnet, dass das Herz sich öffnet, dass Türen sich öffnen“, schreibt er. Vielleicht ja mit norwegischer Literatur, die Leser an Orte bringt, an denen sie noch nie zuvor waren, die Ausgangspunkt für Dialog und für Austausch wird. In Bad Berleburg hat „der Traum“ ab jetzt 22 Tage lang Potenzial, Wirklichkeit zu werden.
Von Sarah Benscheidt