Wenn es weh tut

LITERATURPFLASTER diesmal mit zwei Autoren

Auch Superintendent Stefan Berk, hier mit Ehefrau Uli, erhielt als Hausherr im Abenteuerdorf Wittgenstein nach der Lesung einen der begehrten Literaturpflastersteine. (Foto: Jens Gesper)

WEMLIGHAUSEN – „Mein Leben ist misslungen.“ Der erste Satz, den Stian M. Landgaard jetzt beim Literaturpflaster im Abenteuerdorf Wittgenstein las, war wenig hoffnungsvoll. „Tat das weh.“ Auch der erste Satz des ersten Kapitels aus Karin Nohrs Roman „Kieloben“, der jetzt beim Literaturpflaster im Abenteuerdorf Wittgenstein vorgestellt wurde, war wenig erfreulich. Zwei Autoren mit zwei Werken bei einer Literaturpflaster-Lesung – das ist selten. Aber die Wege der beiden Schriftsteller hatten sich für die Kieloben-Geschichte schon vorher gekreuzt. Die Deutsche brauchte für ihren fünften Roman verlässliche Informationen aus dem norwegischen Tromsø, ein verwickelter Weg führte sie zu Stian Landgaard, der in der größten Stadt im Norden Norwegens geboren worden war und lebte. Dort spielte auch sein eigener erster Roman, der vor 13 Jahren in Norwegen erschien. Inzwischen wohnt er in Berlin. In Wemlighausen las er aus dem Manuskript seines zweiten Werks, das natürlich auch in Norwegen spielt, denn das skandinavische Land ist in diesem Jahr Gastland der Frankfurter Buchmesse und damit diesmal auch Grund und Boden des Berleburger Literaturpflasters.

Und trotz der unerfreulich hoffnungslosen ersten Sätze war der Abend im Abenteuerdorf für die 30 Zuhörer ein ganz gelungener. Da war Stian Landgaard, der mit dem ersten Kapitel seines hoffentlich zweiten Romans, der in den nächsten ein, zwei Jahren möglicherweise auf den Markt kommt, tiefe Einblicke in die Selbstzweifel eines schreibblockierten Autors gab, der erfundenen Hauptperson des neuen Buchs. Und gleichzeitig ließ der Autor das Publikum auf Anfrage auch Anteil haben an seinen eigenen Empfindungen in einer ähnlich schwierigen Lebenssituation. Spannend war es, diese persönlichen Einblicke in das Seelenleben eines Schriftstellers zu bekommen. Und der letzte Satz des ersten Kapitels und von Stian Landgaard bei der Lesung machte definitiv ganz perfekt Lust auf mehr: „Ich habe mit dem Singen angefangen… weil ich sterben sollte.“

Auch im anderen Buch des Abends kam Musik im Zusammenhang mit Gefahr vor. Die Hauptdarstellerin aus Karin Nohrs Roman „Kieloben“ trifft am Anfang des ersten Kapitels beim Staubwischen ein dickes Gesangbuch. Inga befürchtet einen blauen Fleck, nichts Schlimmeres. Auf den nächsten knapp 200 Seiten wird sie sich aus ihrem deutschen Alltag auf eine Reise machen: in Raum und Zeit, ins nazibesetzte Tromsø, als dort das deutsche Schlachtschiff „Tirpitz“ beschossen wurde und 1944 versank. Bei diesem etwas anderen Staubwischen in ihrer Familiengeschichte entdeckt Inga eine norwegische Halbschwester namens Mette. Karin Nohr hatte für den Abend in Wittgenstein sehr genau die Textstellen zusammengestellt, die sie vorlas. Hieraus puzzelte sich ein Umriss zusammen, der ebenfalls Lust auf mehr machte und der deutlich werden ließ, dass eine ausgebildete Psychotherapeutin diesen Roman geschrieben hatte, bei dem man viel zwischen den Zeilen denken kann und soll.

Karin Nohr, Stian Landgaard und Superintendent Stefan Berk, das Abenteuerdorf ist eine Einrichtung des Wittgensteiner Kirchenkreises, erhielten nach der Lesung für Arbeit und Ort aus den Händen von Ulla Belz aus dem Planungs-Komitee einen der sagenumwobenen Literaturpflastersteine, die streng limitiert und nummeriert das Traditions-Dankeschön der Berleburger Veranstaltungsreihe sind.


Unsere Kirche | UK (Nr. 44 - 27.10.2019)
Internet: unserekirche.de
Bildquelle: Foto von Jens Gesper

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