Bad Berleburg. Die vorletzte Lesung des Literaturpflasters 2018 in Bad Berleburg fand nun im Autohaus Kroh statt. Die georgische Autorin Anna Kordsaia-Samadaschwili besuchte die ehemalige Kreisstadt Wittgensteins und präsentierte einige Auszüge aus ihrem Buch „Wer hat die Tschaika getötet?“.
Besonders begeistert war die aus Tbilissi stammende Autorin von der Umgebung und der Landschaft in Wittgenstein. „Ich wollte ihnen eigentlich erzählen, wie schön es bei uns ist; blühende Landschaften, Wiesen und Berge – aber nun bin ich hier in diesem irdischen Paradies gelandet und spare mir diese Dummheit“, erklärte die 50-Jährige.
Anna Kordsaia-Samadaschwili arbeitet als Autorin und Kulturjournalistin. Außerdem übersetzt sie deutsche Literatur in ihre Muttersprache Georgisch. Neben ihren vielfältigen Tätigkeiten ist sie auch als Dozentin an der Ilia State University tätig, lehrt dort Literatur und Kreatives Schreiben.
Freunde als Buch-Charaktere
„Ich gehöre zu den Autorinnen, die keine gute Fantasie haben – dafür aber ein gutes Gedächtnis“, sagt Kordsaia-Samadaschwili über ihre Art zu schreiben. Viele ihrer Figuren setzen sich aus Bekannten und Freunden zusammen, vereinen bestimmte Eigenschaften und bilden ein neues Konstrukt. „Natürlich erkennen sich manchmal die Leute aus meinem Umfeld wieder, aber meiner lieben Putzhilfe habe ich mit einer Figur, in der sie sich erkennt, ein großes Geschenk gemacht“, so Kordsaia-Samadaschwili.
Ihr Krimi „Wer hat die Tschaika getötet?“ erschien 2013 in Georgien und als übersetzte Ausgabe 2016 in Deutschland. „Sybilla Heinze, der an dieser Stelle ein großer Dank gilt, hat mein Buch übersetzt“, sagt die Georgin. „Ich selber übersetze nur von deutsch nach georgisch, die andere Richtung traue ich mir nicht zu.“
„Wer hat die Tschaika getötet?“ wirft schon beim Lesen des Titels Fragen auf. „Verwirrungen und Trug sind die Hauptmotive des Buches“, sagt die Autorin.
Vom Krieg geprägt
Eine Tschaika sei eine Frau, die sich fast ausschließlich mit schwulen Männern umgibt, das Leben liebt und Freude verbreitet. Diese Frau wird jedoch am Anfang des Buches tot aufgefunden – und für die hinzugezogene Polizei beginnt eine verwirrende Ermittlung, bei denen sie von den Freunden und Bekannten der Toten vorgeführt werden.
„Das Buch greift natürlich auf die Geschichte Georgiens zurück und auf den Krieg“, so die 50-Jährige. „Der Krieg ist immer da – und ohne Krieg geht es nicht.“ Beschrieben wird in dem Buch das zerrüttete Verhältnis zwischen der georgischen Bevölkerung und der Polizei im Land.
Während und nach den Kriegen, die das Land in seiner jetzigen Struktur prägten, war die Aufgabe und Befugnis der Polizei nicht deutlich geklärt. Das Versteckspiel vor der Polizei verwandelt den Krimi in einen atemlosen und dicht erzählten Roman.
Gespickt mit Erklärungen und Erzählungen von Seiten Kordsaia-Samadaschwilis führt Prof. Dr. Schnell durch den Abend und taucht zusammen mit den Zuhörern in die Erzählung ein.
„Ich gehöre zu den Autorinnen, die keine gute Fantasie haben – dafür aber ein gutes Gedächtnis.“
Anna Kordsaia-Samadaschwili
„Er soll unterhalten und gleichzeitig die Menschen fesseln“, erklärt die Autorin, die während des gesamten Abends eine zynische und erfrischende Erzählweise beibehält.
Zynisch ist auch das Ende des Krimis für jeden Leser: Alle Bekannten wissen, wer der Mörder war – die Polizei und der Leser werden darüber nicht aufgeklärt.
Von Carolin Battenfeld
Abschied von Schirmherr Prof. Dr. Ralf Schnell
Am Ende des Abends bedankte sich der „harte Kern“ des Literaturpflasters bei Schirmherr Professor Dr. Ralf Schnell für sechs gemeinsame Jahre.
Dem Professor für Neuere Deutsche Literaturgeschichte wurde je eine typische Kleinigkeit der von ihm begleiteten Länder überreicht.