Literatur auf Rezept in der Kur-Apotheke

Wissenschaftler Dr. Zaal Andronikashvili führt Gäste auf eine Reise durch seine Heimat Georgien

Literatur auf Rezept liefert Dr. Zaal Andronikashvili den zahlreichen Literaturpflaster-Gästen in der Kur-Apotheke. Sein Vortrag führt mitreißend durch die literarische Geschichte des kleinen Landes am Schwarzen Meer. (Foto: Christoph Haupt)

Bad Berleburg. Fünf Millionen Menschen, davon über eine Million in aller Welt verstreut, aber eine eigene Sprache und Schrift: Georgien ist durchaus etwas Besonderes. „Wer nicht raucht und nicht trinkt, wird sehr gesund sterben“ sagt ein georgisches Sprichwort, auf das sich Apothekerin Daniela Braun in ihrer Einführung über die überaus reichhaltige Auswahl an Arzneipflanzen Georgiens bezog. Natürlich zeigt das Sprichwort ein gutes Stück Einstellung zum Leben der Georgier.

„In Georgien ist die Literatur eine Literatur der Grenze zwischen West und Ost.“
Dr. Zaal Andonikashvili, Literaturwissenschaftler aus Georgien

Der Literaturwissenschaftler Dr. Zaal Andonikashvili studierte Germanistik, Geschichte und Archäologie in Tbilissi und Saarbrücken. Heute forscht und lehrt er am „Zentrum für Literatur und Kulturforschung“ in Berlin. In seiner Einführung in die Gegenwartsliteratur Georgiens nahm er das Publikum in der gefüllten Kur-Apotheke mit auf eine Reise in mehreren Kapiteln.

Ursprung liegt in der Bibel

Georgiens Literatur entwickelte sich aus der Übersetzung der Bibel. Diese Übersetzung war auch der Grund, eine eigene Schrift zu entwickeln. „In Georgien ist die Literatur eine Literatur der Grenze,“ sagt Wissenschaftler. Sie stehe zwischen West und Ost, zwischen der Tradition der Antike und der Persiens.

Aus den geschichtlichen Wirren und Schlägen des vergangenen Jahrhunderts entwickelte sich in Georgien eine breit gefächerte Gegenwartsliteratur, in der Autorinnen einen bedeutenden Platz einnehmen. Anhand einiger charakterisierter, aussagekräftiger Merkmale beschrieb Andronikashvili die unterschiedlichen Strömungen.

„Generation Jeans“ bezieht sich auf den unschätzbaren Wert, den eine Blue Jeans zu Zeiten des Sozialismus in Georgien, das damals Teil der Sowjetunion war, hatte. Ein weiteres wichtiges Kapitel ist die „Literatur der Emanzipation“, die bereits zehn Jahre vor Glasnost die innere Befreiung von der Sowjetunion einleitete. Ab hier trifft man übrigens erstmals eine Ich-Erzählerin in der georgischen Literatur.

Durch die Lage zwischen den Welten, ist ein wichtiges Thema auch die Auseinandersetzung von „Literatur und Politik“. War die Literatur im 19. Jahrhundert eher ein aristokratisches Hobby, ist die Gegenwartsliteratur revolutionärer, voller Freiheitskampf und Kampf gegen die Unterdrückung. So ist das Thema „Krieg und Frieden“ auch ein überaus folgerichtiges in der wechselvollen Geschichte des kleinen Landes. Seit den späten 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts werden nun auch Vergangenheit und Gegenwart in der Literatur zusammengebracht. Wo früher über ein vergangenes Ereignis berichtet wurde, beleuchten die modernen Autoren heute die Auswirkungen der Vergangenheit in die Gegenwart hinein. Es entsteht sozusagen ein „Präsens der Geschichte“. Und nicht zuletzt spiegelt sich Georgiens Lage und Situation in dem Spannungsfeld „Geopolitik und Geopoetik“.

Wie im Kaleidoskop

Das 25. Berleburger Literaturpflaster verspricht eines der spannendsten und mitreißendsten zu werden. Alleine die Autorenlesungen werden das Publikum in unterschiedlichste Welten entführen und gemeinsam mit den übrigen Veranstaltungen breitet sich das kleine Land am Schwarzen Meer wie durch ein Kaleidoskop gesehen vor den Menschen in Bad Berleburg aus. Leseempfehlung!

Von Christoph Haupt

In verschiedene Regionen der Kaukasusrepublik

Die nächste Veranstaltung der Reihe findet am heutigen Mittwoch um 19.30 Uhr in der Aula des Johannes-Althusius-Gymnasiums Bad Berleburg statt.

Mit seiner Multimedia-Präsentation aus Georgien lässt Christian Biemann das Fernweh aufleben und entführt in verschiedene Regionen der Kaukasusrepublik.


WESTFALENPOST (19.09.2018)
Internet: www.wp.de/staedte/wittgenstein/
Bildquelle: Foto von Christoph Haupt

WESTFALENPOST

Berleburger Literaturpflaster auf Facebook
© 2007-2018 Berleburger Literaturpflaster - Literatur & Kultur aus dem Schwerpunktland der Frankfurter Buchmesse.
Impressum :: Datenschutz :: powered by jr webdesign