"Manchmal ist es schon bitter, wenn man sieht, dass sich einige Kinder nur 30 Sekunden lang am Stück konzentrieren können", rekapituliert Anna-Maria Stenz. Jürgen Breuer ergänzt: "Das ist ein Trauerspiel. Aber man muss dranbleiben." Das macht Leselust den Schulen so einfach wie möglich. Die können den Autor fix und fertig buchen, und das Ganze kostet pro Schüler nur einen Euro. Anna-Maria Stenz und Jürgen Breuer haben jedoch noch weitere Träume. Sie würden gerne aus dem Festival heraus Autorenpatenschaften anbieten können. So dass ein Schriftsteller mehrmals im Jahr eine Schule besucht. Dann wäre die Leseförderung nachhaltiger. Aber dafür reicht das Geld nicht, da sind Sponsoren gefragt.
Weltliteratur in Wittgenstein
Solche Sogen hat das Berleburger Literaturpflaster nicht. Ein breites Netzwerk von Unterstützern ermöglicht, dass jährlich Weltliteratur in der südwestfälischen Provinz ein Kapitel aufschlagen kann, und zwar auf Augenhöhe mit Reihen wie der lit.Ruhr. Auf der Frankfurter Buchmesse wird das Literaturpflaster als vorbildlich gelobt, weil es die Ehrengast-Idee so konsequent umsetzt. 2018 ist Georgien der Buchmessen-Schwerpunkt. "Die Nino Haratischwili ist mit ihrem Roman ,Die Katze und der General’ auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises", listet Rikarde Riedesel stolz auf. "Sie liest am 29. Oktober bei uns. Wenn sie es wird, haben wir die Preisträgerin kurz nach der Preisverleihung in Berleburg."
Vor 25 Jahren hat Rikarde Riedesel bei der Stadt Bad Berleburg angefangen und gehört zu den Initiatoren des Literaturpflasters. "Ich wollte eigentlich nur ein halbes Jahr bleiben", erinnert sie sich. "Der Vorteil der ländlichen Region ist: Wenn man eine Idee hat, erhält man auch den Freiraum, sie umzusetzen. Das funktioniert über Team und Netzwerkarbeiten. Alleine wäre das nicht zu schaffen."
Das Literaturnetzwerk in Bad Berleburg funktioniert, weil so viele mitmachen, als Sponsoren, als Gastgeber und als Besucher. Das Publikum, das aus dem sehr weiten Umkreis kommt, erlebt die Lesungen im Baumarkt, im Schaumstoffwerk oder in der Apotheke. "Je ungewöhnlicher die Orte, desto kultiger nachher die Veranstaltung", bilanziert Rikarde Riedesel. Dieses Zusammenspiel ermöglicht die hohe Qualität der Reihe ebenso wie der kurze Draht nach Frankfurt. Rikarde Riedesel ist bereits auf dem Sprung, um bei der Buchmesse in wenigen Wochen mit den Verlagen über das Literaturpflaster 2019 zu verhandeln. Dann steht Norwegen im Mittelpunkt.
Von Monika Willer
Literaturpflaster und Leselust
Das 25. Berleburger Literaturpflaster präsentiert bis zum 9. November Kultur und Literatur aus dem Buchmessen-Gastland Georgien an ungewöhnlichen Orten in Bad Berleburg. Das komplette Programm: www.literaturpflaster.com
Am Kinder- und Jugendbuch-Festival Leselust beteiligen sich in diesem Jahr die Städte Hagen, Iserlohn, Kierspe, Meinerzhagen, Plettenberg, Halver und Gevelsberg. Bis zum November gibt es 74 Veranstaltungen in Schulen und Kindergärten sowie öffentliche Lesungen. Das Programm für die einzelnen Orte: www.leselustfestival.de