Lagerfeuer-Ambiente zum Abschluss der Literaturpflaster-Lesungen

120 Zuhörende ließen sich von Maddalena Vaglio Tanet in den piemontesischen Wald mitnehmen

Bad Berleburg. Als Maddalena Vaglio Tanet sich jetzt Wittgenstein näherte, da sei das für sie ein bisschen wie Nach-Hause-Kommen gewesen. Die Wälder hier hätten sie an ihre Heimat, an ihre Kindheit erinnert. Die Schriftstellerin reiste aus Maastricht an, hat früher mal in Berlin und New York gelebt. Aufgewachsen ist sie aber in einer kleinen Stadt im Piemont. Ihre Ferien verbrachte sie dort in der Nähe, bei ihren Großeltern auf dem Land. Und so führte die letzte Lesung auf dem Berleburger Literaturpflaster in diesem Jahr ganz in den Norden Italiens. Neben der Enddreißigerin hatten 120 Zuhörende den Weg ins Sanitätshaus Kienzle gefunden. Dabei waren während der Lesung die großen Lichter im Laden komplett heruntergefahren, gerade mal zwei Schreibtischleuchten sorgten für ein Mindestmaß an Helligkeit. So erhielt man in dieser passenden Atmosphäre zwischen heimelig und unheimlich einen authentischen Eindruck von der düsteren Geschichte des Romans „In den Wald“.

Anfang der 1970er Jahre nimmt sich eine Schülerin das Leben, ihre Grundschullehrerin verlässt daraufhin ohne Abschied ebenfalls ihren Alltag, geht ziellos in den Wald, findet Unterschlupf in einer Hütte. Dort findet ein Junge, der wegen seines Asthmas den Smog Turins mit der guten Luft in Biella tauschen musste, die dahinvegetierende Lehrerin. Der Schüler übernimmt Verantwortung für die Lehrerin. Neben diesen beiden Hauptpersonen bevölkert ein weiterer Mikrokosmos an farbenfrohen, echten Charakteren das Buch, das zum einen mit großer Einfühlsamkeit, zum anderen mit einem überbordenden Wissen über Landschaft und Leute dort detailreich geschrieben ist. Die Grundlage der Geschichte ist genauso real wie der geschilderte Landstrich.

Maddalena Vaglio Tanet freute sich sehr darüber, dass im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern bei Lesungen in Deutschland tatsächlich vorgelesen wird: Sie übernahm das bei einer kleinen italienischen Kostprobe, dann auch bei größeren Abschnitten aus der Übersetzung. Möglich war es wegen ihrer hervorragenden Deutsch-Kenntnisse, so kam das Gespräch zwischen ihr und Madeleine Höfer aus dem Literaturpflaster-Team ohne Übersetzen aus. Trotz viel Finsternis in der Geschichte flackerte am Ende das eine oder andere Hoffnungslicht. Und auch in der vertrauten Buch-Besprechung der Beiden wurde aus der düsteren Beleuchtungs-Situation ein gemütliches, fast familiäres Lagerfeuer-Ambiente. Zunächst waren die Besucherinnen und Besucher dabei Zuschauende und Zuhörende. Aber danach gab es reichlich Raum für einen persönlichen Austausch mit der Autorin: etwa beim üblichen Signieren der Bücher, einer Grundzutat des Literaturpflaster-Erfolgsrezepts. Was zum Essen und Trinken führt: Auch diesmal wartete auf die Gäste im Sanitätshaus Kienzle ein landestypisches Buffet mit italienischen Weinen und Spezialitäten.

Eine andere Grundzutat des Literaturpflaster-Erfolgs ist die hohe Qualität der eingeladenen Schriftstellerinnen und Schriftsteller. In diesem Jahr hat sich das Vorbereitungs-Team dabei für Italien selbst übertroffen.

Und so heißt es kurz vor Ende eines wunderbaren Literaturpflaster-Jahrgangs: Arrivederci - am Dienstag, 12. November, sieht man sich ein letztes Mal beim Multivisions-Vortrag „Toskana“ ab 19.30 Uhr im Berleburger Bürgerhaus am Markt.

Text: Jens Gesper

Maddalena Vaglio Tanet las bei passend spärlicher Beleuchtung im Sanitätshaus Kienzle aus ihrem Roman „In den Wald“. (Foto: Jens Gesper)
Im Gespräch von Maddalena Vaglio Tanet (links) und Madeleine Höfer über den Roman „In den Wald“ wurde aus der finsteren Lesungs-Beleuchtung eine Lagerfeuer-Atmosphäre. (Foto: Jens Gesper)
Die 120 Zuhörerinnen und Zuhörer dankten der italienischen Schriftstellerin Maddalena Vaglio Tanet nach ihrer Lesung auf dem Berleburger Literaturpflaster mit langanhaltendem Applaus. (Foto: Jens Gesper)
Die 120 Zuhörerinnen und Zuhörer dankten der italienischen Schriftstellerin Maddalena Vaglio Tanet nach ihrer Lesung auf dem Berleburger Literaturpflaster mit langanhaltendem Applaus. (Foto: Jens Gesper)
Beim Bücher-Signieren hatten alle Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, mit Maddalena Vaglio Tanet ins Gespräch zu kommen. Ihre hervorragenden Deutsche-Kenntnisse machten das einfach. (Foto: Jens Gesper)
Beim Bücher-Signieren hatten alle Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, mit Maddalena Vaglio Tanet ins Gespräch zu kommen. Ihre hervorragenden Deutsche-Kenntnisse machten das einfach. (Foto: Jens Gesper)
Ein landestypisches Buffet – in diesem Jahr mit italienischen Weinen und Spezialitäten - gehört im Sanitätshaus Kienzle ganz selbstverständlich zur Literaturpflaster-Lesung dazu. (Foto: Jens Gesper)
Maddalena Vaglio Tanet freute sich über ihren eigenen der Literaturpflastersteine - die Italienerin dachte bei den Sampietrini oder Sanpietrini, so die italienischen Übersetzungen, natürlich sofort an den Petersplatz in Rom. (Foto: Jens Gesper)
Literaturpflaster-Homepage-Betreuer Jürgen Reinhard und Claudia Schwarz vom Sanitätshaus Kienzle erhielten von Madeleine Höfer (hinten von links) genau wie Hubert Kienzle und Maddalena Vaglio Tanet (vorn) einen der begehrten Literaturpflastersteine. (Foto: Jens Gesper)
Auch nach der Veranstaltung gab es noch reichlich Gelegenheit, mit Maddalena Vaglio Tanet ins Gespräch zu kommen. (Foto: Jens Gesper)

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