Gianni Solla liest aus seinem italienischen Roman

Berleburger Literaturpflaster: 60 Besucher hören Roman „Bei Licht ist alles zerbrechlich“ in Originalsprache und deutscher Übersetzung

Beim Berleburger Literaturpflaster traf Gianni Solla auf Siegerländerinnen aus Volkshochschul-Kursen. (Foto: Jens Gesper)

Bad Berleburg. „Bei Licht ist alles zerbrechlich“ lautet der deutsche Titel von Gianni Sollas jüngstem Roman. Im italienischen Original erschien das Buch im vergangenen Jahr als „Il ladro di quaderni“, übersetzt heißt das: der Hefte-Dieb. 60 Menschen lernten den Roman jetzt auf dem Literaturpflaster im Foyer der EJOT-Holding im Herrengarten kennen. Außer ihnen war auch Gianni Solla nach Bad Berleburg gekommen, der sogar ein wenig aus seinem Buch auf Italienisch vorlas, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht. Ansonsten gab es deutsche Textstellen von Christiane Biechele aus dem Literaturpflaster-Team. Begleitet wurde Gianni Solla von Barbara Neeb, die die italienischen Antworten des Autors auf die klugen Fragen von Rikarde Riedesel, Haupt-Organisatorin der Berleburger Veranstaltungsreihe, fürs Publikum übersetzte.

Der Hefte-Dieb heißt Davide und ist ein Jugendlicher im faschistischen Italien. Statt in die Schule zu gehen, muss er im real existierenden Tora e Piccilli in den Bergen als Schweinehirt arbeiten, sein Vater findet nicht, dass er Bildung braucht. Aus dem 60 Kilometer entfernt liegenden Neapel werden 1942 Juden hierhergebracht, sie sollen in der Landwirtschaft arbeiten. So trifft Davide den intelligenten, schönen Stadt-Jungen und Lehrer-Sohn Nicolas, komplettiert wird ihr Trio durch die kluge örtliche Unternehmers-Tochter Teresa. Aus den Dreien wird eine verschworene Gemeinschaft, bis die Liebe dazwischenfunkt. Es sei ein wunderbares Buch über das Erwachsen-Werden, das Wege-Finden, eine historisch belegte Solidarität und die Bildung, das Schreiben, das Lesen als festes Fundament für Freiheit.

Im Rahmen der Lesung habe es durchaus Überraschendes gegeben, heißt es weiter: Viele der Zuhörenden, die das Buch schon gelesen hatten, wunderten sich, als Gianni Solla über Davide sprach, der es vom Jungen, der bei den Schweinen schlief, zum Schriftsteller brachte, der von seinen Texten leben konnte. Dass „antipatico“ nichts Gutes bedeuten konnte, verstanden nicht nur die Frauen, die an der Volkshochschule Italienisch gelernt hatten und eigens aus dem Siegerland zu Gianni Sollas Lesung nach Wittgenstein gekommen waren, heißt es weiter. Irgendwo zwischen „unsympathisch“ und „unfreundlich“ zeichnete der literarische Vater den Charakter seines Geschöpfs. Aber auch hier kam am Ende die Freiheit zum Tragen. In diesem Fall die der Zuhörenden. Was scherte es sie, was sich der Autor gedacht hatte? Viele waren weiterhin vor allem von Davides unermüdlichen Zielstrebigkeit begeistert. Da fielen ein paar geklaute Hefte doch gar nicht ins Gewicht. Beeindruckend und gefährlich sei die Freiheitskraft der Literatur.

Informationen über die nächsten Einzelveranstaltungen und weiterlaufende Ausstellungen gibt es im Internet unter www.literaturpflaster.com. So gilt weiter: Arrivederci auf dem Literaturpflaster.

Von Jens Gesper


WESTFALENPOST (11.10.2024)
Internet: www.wp.de/staedte/wittgenstein/
Bildquelle: Foto von Jens Gesper

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