Flanieren durch unmögliche Welten

Hauptschüler eröffneten mit Lorenzo Coltellacci eine Graphic-Novel-Ausstellung in der Volksbank

Susanne Halhuber, Fachbereichsleiterin 'Bürgerdienste' bei der Stadt Bad Berleburg, überreichte einen der begehrten Literaturpflastersteine an Lorenzo Coltellacci. (Foto: Jens Gesper)

Bad Berleburg. „Für die Schüler der Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule, die ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt haben, sich in Eschers unmöglichen Welten perfekt zurechtzufinden“ - das schrieb Lorenzo Coltellacci jetzt in der Berleburger Hauptgeschäftsstelle der Volksbank Wittgenstein auf Italienisch als Widmung in das Buch „M.C. Escher – Unmögliche Welten“.

Zuvor hatten er und 20 Jugendliche aus dem Hauptschul-Kunstkurs der 8a von Kerstin Burgmann und Christina Feige-Meyer sich morgens in einem Workshop im Dritten Ort, der Berleburger Stadtbücherei, mit dem niederländischen Grafiker Maurits Cornelis Escher beschäftigt. Abends wurde in der Volksbank eine Ausstellung eröffnet, die während der Öffnungszeiten des Kreditinstituts bis Freitag, 8. November, neben großformatigen Seiten aus dem intelligenten, phantasievoll-großartigen Unmögliche-Welten-Buch auch skizzenhafte Vorentwürfe der Zeichnungen zeigt.

Das Buch selbst ist eine Graphic Novel, die deutsche Übersetzung dafür lautet „Comicroman“ oder auch „Grafischer Roman“. Die Handlung der Geschichte wird also sowohl mit Worten als auch mit gezeichneten Bildern erzählt. In diesem Fall geht es um die Lebensgeschichte von M.C. Escher. Schöpfer dieser Graphic Novel sind Lorenzo Coltellacci und Andrès Abiuso. Lorenzo Coltellacci ist gebürtiger Römer, sein Mit-Autor Andrès Abiuso kam zwar in Argentinien zur Welt, lebt jetzt aber in Mailand; das Buch erschien im Original auf Italienisch; M.C. Escher bereiste Italien ab den frühen 1920er Jahre zu Fuß oder auf dem Esel, heiratete seine aus Russland stammende Ehefrau 1924 in der Toskana und lebte bis 1935 in Rom, bevor er von dort vorm Faschismus floh. Mit all dem ist erklärt, weshalb dieses Buch über einen Niederländer genau aufs Literaturpflaster „Italien“ passt. Zur perfekten Vorbereitung hatten die Schülerinnen und Schüler schon im Unterricht von Kerstin Burgmann und Christina Feige-Meyer den Künstler Escher, dessen perspektivisch paradoxe und optisch täuschende Grafiken sowie die grandiose Graphic Novel über ihn sehr gut kennengelernt.

Zum Workshop-Auftakt hatten sie sich Fragen für Lorenzo Coltellacci überlegt, in denen sie mehr über den Autor selbst, aber auch über das Buch wissen wollten. Danach erklärte Lorenzo Coltellacci als kompetenter Praktiker den Jugendlichen die theoretischen Grundlagen, um eine Graphic-Novel-Geschichte zu erzählen.

Nach der Ausstellungseröffnung in der Volksback Wittgenstein flanierten die Besucherinnen und Besucher durch Eschers unmöglich Welten – und kamen dabei ins Gespräch und ins Nachdenken. (Foto: Jens Gesper)

Und dann wurden die Schülerinnen und Schüler selbst aktiv. Am Anfang hätten sie mehr zeichnen, weniger Text schreiben wollen, erinnerte sich Rikarde Riedesel, die den Workshop im Dritten Ort, der Berleburger Bücherei der Zukunft, begleitete. Doch dann habe sich die Dynamik deutlich geändert: Die Jugendlichen hätten am liebsten bis nachmittags um Drei weitergemacht, freute sich die Literaturpflaster-Haupt-Organisatorin. Aber Schulschluss war nun mal mittags, zudem sollte am frühen Abend ja die Ausstellung in der Volksbank eröffnet werden.

Und da gab es für Rikarde Riedesel einen weiteren Grund zur Freude. Denn nach der Begrüßung durch Kai Wunderlich, Vorstand der Volksbank Wittgenstein, und einem Grußwort von Susanne Halhuber, Fachbereichsleiterin „Bürgerdienste“ bei der Stadt Bad Berleburg, übernahmen die Achtklässler der Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule das Künstlergespräch zur Eröffnung der Ausstellung. Auf Deutsch und Englisch, manchmal sogar auf Italienisch stellten sie Lorenzo Coltellacci Fragen, die dieser dann beantwortete. So erhielten die insgesamt rund 50 Anwesenden von einem Schöpfer des Buches selbst einen Einblick in die Gedanken und Grundmotivationen hinter dem Werk – auf dieser Basis konnten anschließend jede und jeder in der Volksbank mit der ganz eigenen Geschwindigkeit durch Eschers unmögliche Welten flanieren. Das ist auch weiterhin möglich: während der Volksbank-Öffnungszeiten, bis zum 8. November.

Bis dahin und sogar noch ein paar Tage darüber hinaus gibt es auf dem Berleburger Stadtgebiet weitere Gelegenheiten zur Begegnung mit Italien. Mehr Informationen warten unter www.literaturpflaster.com. Bis dahin: Arrivederci auf dem Literaturpflaster.

Von Jens Gesper


SWA | DER Anzeiger für Siegerland und Wittgenstein (19.10.2024)
Internet: swa-siegerland.de
Bildquelle: Fotos (2) von Jens Gesper

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