Bad Berleburg. Langsam gleitet der Blick über ein rotblühendes Mohn-Feld.
Dann öffnet sich das Foto weiter zu einer terracotta-farbenen Idylle im warmen Licht. Die Hügel hier scheinen bodenständig erdverbunden und liebevoll passgenau hinmodelliert. An den Wegen stehen große, schlanke Zypressen wie ein Sinnbild für die Eleganz, die man mit Italien verbindet. Zum Abschluss nahm das Berleburger Literaturpflaster am Dienstagabend 120 Besucherinnen und Besucher in einer brillanten Multivisionsschau mit in die Toskana. Reiner Harscher präsentierte im Bürgerhaus am Markt traumhafte Bilder, fast zu schön, um wahr zu sein. Er bewies in seinem knapp zweistündigen Vortrag, dass all die deutschen Toskana-Klischees in ihren heimeligen Braun-Gelb-Rot-Orange-Tönen fest verwurzelt sind in der Realität dieser wunderbaren Landschaft an der italienischen Westküste.
Und natürlich besuchte der Mann aus dem hessischen Hochtaunus mit seiner Kamera die bekannten Kleinode Lucca und Pitigliano, San Gimignano und Volterra genau wie die Tourismus-Hochburgen Florenz und Pisa und Siena. Aber Reiner Harscher fotografierte in Florenz nicht nur den unbefleckt-perfekten David, den Michelangelo aus weißem Marmor schuf.
Der Fotograf fuhr auch nach Carrara, um hier die anstrengende Drecksarbeit in den Marmor-Steinbrüchen zu dokumentieren und darüber zu berichten. Beim Vortrags-Abstecher nach Pisa kam der Referent zwar nicht um den Schiefen Turm herum, aber seine Wittgensteiner Zuhörerinnen und Zuhörer wollte er eigentlich viel lieber für den danebenstehenden Dom begeistern. Beim Palio in Siena, dem wahrscheinlich härtesten Innenstadt-Pferderennen der Welt, schaute Reiner Harscher für seine Multivisions-Gäste ebenfalls ganz genau hinter die Kulissen. Menschenmassen bevölkerten hier die Piazza del Campo, seine Bilder dokumentierten die schweißtreibende Enge. Und dennoch hatte der Fotograf an diesem Abend auch immer wieder menschenleere Aufnahmen, sogar von Touristen-Brennpunkten. Wenn man außerhalb der Saison fahre, wenn man das warme Abendlicht nutze, wenn man mal bei schlechtem Wetter fotografiere, dann habe man Sehenswürdigkeiten und Ortsansichten manchmal ganz für sich allein. Ein anderer Tipp von dem Mann, der alle ausgetretenen Wege der Toskana-Reisenden längst kannte, lautete: Wenn man mit dem Auto oder dem Wohnmobil in der Toskana unterwegs sei, dann möge man die vielbefahrenen Teerstraßen ruhig mal verlassen.
Die feinen, weißen Schotterpisten führten oft zu unberührteren und trotzdem sehenswerten Orten. Selbst für den Fall, dass das mal nicht klappte, hatte Reiner Harscher eine ermutigende Geschichte.