Bad Berleburg. Vom Brenner an der österreichischen Grenze bis zum Golf von Salerno südlich von Neapel, das ist schon eine kräfteraubende Strecke. Und so stärkten sich am Montagabend 40 Besucherinnen und Besucher erst einmal in der Pizzeria „Roma“ mit einem gemischten italienischen Vorspeisenteller. Nach den „Antipasti Misto“ ließen sich die Zuhörenden anschließend an gleicher Stelle auf dem Berleburger Literaturpflaster von Felicitas Hegemann auf eben jene Tour quer durch Italien mitnehmen. Im Sommer war die Wemlighäuserin sieben Wochen lang unterwegs - und zwar auf einem Fahrrad ohne Motor. Dass sie dabei zumeist nicht entlang der flachen Mittelmeerküsten radelte, sondern immer wieder ins Gebirge wollte, machte die Sache auch nicht leichter.
Zum Vortrag selbst kamen nochmal 20 Gäste mehr in die Pizzeria, damit waren die Kapazitäten erschöpft, schließlich mussten alle Felicitas Hegemann hören können - und außerdem noch die vielen Fotos und kurzen Filme sehen können, mit denen sie ihre Ausführungen bebilderte. Unterwegs war sie vom Brenner durch die Dolomiten nach Rimini und an der Adria entlang bis nach Fano, dann an Ascoli Piceno vorbei durch die Abruzzen zum Gebirgsmassiv des Gran Sasso d’Italia und durch das nach einem Erdbeben vor 15 Jahren wiedererstandene L’Aquila. Den Vesuv sah sie aus der Ferne, um die wuselige Großstadt Neapel und die überlaufene Amalfi-Küste machte Felicitas Hegemann einen Bogen, und viel weiter in den Süden ging es nicht mehr. Ihre Rückreise in den Norden begann am Bahnhof von Battipaglia. Aber Christus kam ja auch nur bis ins benachbarte Eboli, um auf dem Literaturpflaster den Titel eines italienischen Roman-Klassikers von Carlo Levi zu erwähnen.
Die Ortsnamen zeigen in ihrer Reihenfolge, dass Felicitas Hegemann nicht am kürzesten Weg interessiert war. Wie viele Kilometer sie in den sieben Wochen zurückgelegt habe? Nein, dass könne sie nicht sagen. Darum sei es ihr ja auch gar nicht gegangen. Wichtig sei ihr das, was zwischen den Zahlen stehe. Wichtig sei es, sich von Hitze und Steigungen keine Angst machen zu lassen, aber dennoch immer auf sich selbst zu hören. Dann sei sie an einem Tag eben nur 30 Kilometer gefahren. Und sie habe auch nicht die Sehenswürdigkeiten besucht, die man angeblich gesehen haben muss, sondern die, die sie sehen wollte.
Die Zuhörerschaft in Bad Berleburg hörte von ihr, dass Spielplätze perfekte Rastmöglichkeiten bieten, dass es in Italien dankenswerterweise überall Trinkwasserquellen gibt, dass sich die Mentalität von Nord nach Süd in Italien verändert, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft aber stets groß sind, dass man auf dem Rad am besten immer einen Stock und eine laut klappernde Blechtasse griffbereit hat, um Hunden zu drohen und sich mit Krach vor ungeplanten Begegnungen mit wilden Tieren zu schützen. Bären hatte sie aber auch keine gesehen, nur ein paar gemalte. Felicitas Hegemann war froh an der Volkshochschule Italienisch gelernt zu haben, so habe sie leichter auf die Menschen zugehen können. Wobei es kein Muss sei, die Sprache zu beherrschen. Auch hier finde sich immer ein Weg zur Kommunikation. Und die für Bad Berleburg zuständige Ansprechpartnerin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (adfc) stellt außerdem klar: Fahrradfahren sei in Italien auf keinen Fall gefährlicher als In Deutschland. So tat sie an diesem Abend etwas gegen vielleicht vorhandene Vorurteile. Außerdem hatte sie einen kulinarischen Tipp: frittierte und gefüllte Oliven. Sie würde sich freuen, wenn man die Olive Ascolane demnächst auch auf der Speisekarte der Pizzeria „Roma“ finde.
Und weiterhin gilt für alle Italien-Freundinnen und -Freunde und solche, die es werden wollen: Arrivederci auf dem Literaturpflaster.
Text: Jens Gesper