Das positive Fazit gibt Rückenwind, denn nach 2020/21, als die Pandemie das kulturell-gesellschaftliche Leben arg ausbremste, lockten beim Literaturpflaster weder Spanien (2022) noch Slowenien (2023) ein definitiv größeres Publikum an. Die Menschen reagierten, wie andernorts auch, zögerlich auf Präsenz-Angebote. Damit musste die Veranstaltergemeinschaft umgehen, sei doch die beste Belohnung immer die, zu sehen, dass ein Programm angenommen werde, so Rikarde Riedesel. Jetzt also passte es wieder. Auch finanziell ging die Rechnung auf. Finanziert wird das Wittgensteiner Lesefest, das interessierte Kreise durchaus aus dem Schmallenberger, Marburger und Siegener Raum anzieht, durch Eintrittsgelder und durchs Sponsoring der Berleburger Geschäftswelt sowie durch Fördermittel wie die des Zuschusses vom Kulturbüro des Kreises Siegen-Wittgenstein. Auch hier werde sichtbar, dass es ein „echtes Netzwerk“ sei, von dem das Literaturpflaster getragen werde, sagt die Organisationsleiterin. „Das ist ein Pfund, mit dem es zu wuchern gilt.“ Die Gastgeber (darunter erstmals das Bildungszentrum Wittgenstein) seien allesamt stolz, sich in ein größeres Ganzes einbringen zu können. Diese hohe Identifikation sei vielfach im ländlichen Raum festzustellen, beobachtet Rikarde Riedesel. „Man kann alles machen, wenn es gelingt, ein Netzwerk aufzubauen.“
Literaturpflaster vor drei Jahrzehnten gegründet
Vor 30 Jahren entfachte die Brasilien-Begeisterung des Berleburger Galeristen Gerd Gerhard an der Odeborn ein Feuer, das bis heute brennt, wärmt und inspirierende Funken sprüht. Brasilien sei damals, 1994, das Buchmessen-Gastland gewesen und sie in ihrem ersten Berufsjahr bei der Stadt, erzählt Rikarde Riedesel. Gemeinsam mit Stephanie Braun von der Buchhandlung Nohl und dem Journalisten Burkhard Hupe hätten sie das Literaturpflaster „aus der Taufe gehoben“. Über die Jahre veränderten sich die Konstellationen hinter den Kulissen, doch das Grundgerüst dieser Wochen im Zeichen von Literatur und Kultur trug und trägt. Veranstaltet wird das Literaturpflaster heute von der Stadt und der Kulturgemeinde Bad Berleburg, von der BLB-Tourismus GmbH, der Buchhandlung MankelMuth und der Volkshochschule des Kreises Siegen-Wittgenstein. Die praktische Ausgestaltung übernimmt das Planungsteam.
Gefragt, ob nach diesem erfolgreichen „Pflaster“ eigentlich noch ein Wunsch offenbleibe, sagte Rikarde Riedesel, dass das Team mittelfristig eine weitere Verjüngung brauche. Wer Lust habe, sich einzubringen, solle sich einfach bei ihr melden. „Nach dem Literaturpflaster ist vor dem Literaturpflaster“, so die Orga-Leiterin. Nun also richtet sich der Blick auf die Philippinen, und gleich beim nächsten Planungstreffen gehe das Brainstorming los. „Wir schauen dabei auch, wen oder was wir vielleicht vor Ort schon haben.“ Eine Multivisions-Empfehlung sei bereits vom Fotografen Reiner Harscher gekommen, der mit seinen Toskana-Vorträgen den Reigen des Italien-Programms schloss. Fast jedenfalls. Denn noch steht die Motto-Woche im Bioladen Grüne Wiese an, wo vom 25. bis 30. November ein Schwerpunkt auf Speisen und Produkte aus „bella Italia“ gesetzt wird.
„Buon appetito“ heißt es also noch bis zum Beginn des Advents. Dann aber richtet sich der Blick auf die Philippinen. Der Inselstaat, ein von heftigen Stürmen gerade stark gebeuteltes Land, zeichne sich aus auch durch eine lebendige Literatur und einem einzigartigen Storytelling, heißt es seitens der Buchmesse. Rikarde Riedesel und ihre Mitstreiter werden Witterung aufnehmen.
Von Claudia Irle-Utsch