Warum es dann doch kein Happy End gibt

Maurizio Fiorino mit „K.O.“ beim Literaturpflaster

Rikarde Riedesel hatte einiges mitzuschreiben, sehr ausführlich beantwortete Maurizio Fiorino ihre Fragen – und gab dabei tiefe Einblicke in seine literarischen Motivationen und Gedanken. (Foto: privat)

Bad Berleburg. Nein, schon wieder gab es kein Happy End auf dem Literaturpflaster. Im Berleburger Opel-Autohaus Kroh wurde das Glück ausgeknockt. Maurizio Fiorino, gerade 40 geworden, hatte seinen vierten Roman „K.O.“ mitgebracht, der erste, den es von ihm auf Deutsch gibt. Im Original heißt das Buch „Macello“, so nennt man im Italienischen einen Schlachthof.

Der tragische Romanheld Biagio ist Metzgersohn, ist schwul, stammt aus dem unwirtlichen Kalabrien im Süden Italiens, alles genau wie beim Schriftsteller.

Der hat sogar in Vorbereitung für das Buch selbst geboxt, eben wie Biagio. Seine Leidenschaft für diesen handgreiflichen Sport hatte Maurizio Fiorino schon vorm Roman ganz anders künstlerisch ausgelebt: als Fotograf von Boxern und ihren Kämpfen. Weil für ihn das Boxen wie das Leben sei, genauso brutal, genauso gefährlich und mit der Aufforderung, immer wieder aufzustehen, wenn man zu Boden gegangen ist.

So erläuterte Maurizio Fiorino bei der Lesung in Bad Berleburg seine Faszination für den sportlichen Faustkampf. Die Fotografie hatte den Schriftsteller bereits 2007, später auch 2018 in die Vereinigten Staaten von Amerika geführt, so kam die Veranstaltung diesmal ohne das Dolmetschen aus dem Italienischen aus.

Auch wenn der Poet wegen des wunderbaren Klangs seiner Muttersprache ein Stückchen des Buchs im Original vorlas. Die übrigen Textstellen gab es für die 40 Zuhörer von Otto Marburger aus dem Literaturpflaster-Team auf Deutsch. Ihre Fragen zu Autor und Werk stellte Rikarde Riedesel, Haupt-Organisatorin der Berleburger Veranstaltungsreihe, auf Englisch. Maurizio Fiorino gab ausführliche Antworten – und dabei tiefe Einblicke in seine Motivationen und Gedanken, sogar in schwierige Verwandtschaftsverhältnisse. Familie sei eben sein Thema, sie ziehe sich wie ein roter Faden durch sein bisheriges Schriftsteller-Schaffen.

Das Buch erzählt die Geschichte eines dürren, hässlichen Jungen, der zuerst die Mutter, dann den Vater verliert, um dessen Zuneigung er verzweifelt, aber erfolglos gekämpft hat. Biagio opfert schließlich ein kurz aufblitzendes Glück verlogenen, menschenfeindlichen Konventionen. Definitiv kein Happy End.

Doch diejenigen, die jetzt bei der Lesung in Bad Berleburg dabei waren, die erfuhren, dass Maurizio Fiorino in einem ersten Entwurf tatsächlich ein glückliches Ende für die Geschichte formuliert hatte. Und er erläuterte, wie er sich mit seinem Verleger dagegen entschieden habe, um eine wahrhaftige Geschichte über das tatsächliche Leben im ländlichen italienischen Süden zu schreiben.


Siegener Zeitung (18.10.2024)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: Foto von privat

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