Bad Berleburg. (schn) Timo Parvelas humorvolle Kinderbücher um die Grundschülerin "Ella" besitzen in Finnland Kultstatus und sind dort Schullektüre. Am Donnerstag war der finnische Autor Gast des "Berleburger Literaturpflasters" und gab einen Einblick in sein Werk. Humor sei eine eigene Sprache, die von jedem verstanden werde, egal in welcher Altersklasse. Er finde es eine sehr schöne Vorstellung, dass Humor die Altersgruppen verbinde, sagte Parvela. Schließlich gebe es heute zu viel, was Alt und Jung voneinander trenne.
Der Erfolg der Kinderbuchreihe hat sicherlich etwas mit der Bezugnahme auf die Gefühls- und Wahrnehmungswelt von Kindern zu tun, aber auch mit der humoristischen Schilderung des Handlungsgeschehens voller Situationskomik. Das Schulleben der Grundschülerin Ella ist äußerst turbulent. Gemeinsam mit ihren Mitschülern hat sie viele kleinere Abenteuer zu bestehen, aber auch größere Geheimnisse zu lüften. Dabei sind, so kann man bei Timo Parvela heraushören, die Ella-Bücher nicht nur reine Kinderbücher, sondern Bücher für die ganze Familie.
"Ein kleines perfektes Kunstwerk der doppelbödigen Komik. (...) Timo Parvela schafft es, dem alten Trick der quasi naiven Kinderperspektive ganz neue, schillernde Nuancen abzugewinnen: Wortspiele, Slapstick und höherer Blödsinn sind dicht verwoben", hat Sieglinde Geisel in ihrer Rezension für die Neue Zürcher Zeitung die Machart der Bücher und zugleich deren Erfolgskonzept einmal beschrieben. "Die Konflikte bleiben überschaubar und lösbar, sie sind oftmals Ausgangspunkt für weiteren Klamauk", heißt es auf der Website des Internationalen Literaturfestivals Berlin. Damit ist das Konzept von "Ella" treffend gezeichnet.
Die Bücher bieten eine bisweilen zweideutige Komik, über die sich Kinder und Eltern gleichermaßen und doch auf unterschiedlichen Ebenen amüsieren können. Im in Deutschland aktuell erschienenen Buch "Ella und ihre Freunde außer Rand und Band" will die gesamte Klasse unbedingt in den Zirkus, schließlich kommt nicht alle Tage ein großer, internationaler Zirkus mit einem großen Zelt in die Stadt. Der Lehrer aber meint dazu nur: "Ich arbeite schon im Zirkus. Ich muss da nicht auch noch in meiner Freizeit hin." Für die Kinder eine große Überraschung, sie wussten ja gar nicht, dass ihr Lehrer noch einen zweiten Job hat, aber ein Lehrer hat ja auch eine einfache Arbeit. "Er muss ja nicht selbst lernen, das machen alles wir für ihn", stellt Ella fest.
Mit kindlicher Naivität und Kreativität rasseln die Grundschüler rund um Ella von einem Schlamassel in den anderen und erleben dabei große und kleine Abenteuer. Beim Spielen rund um den Zirkus passiert es dann: Pekka, der Sohn der Schulleiterin, löst eine Kettenreaktion aus, bei der das Zirkuszelt zusammenbricht. Also beschließen die Kinder, der Zirkus-Truppe in der Turnhalle der Schule eine neue Spielstätte zu bereiten. Das klappt auch ganz gut, sogar der Riesen-Haufen Elefantenmist wird vom nüchtern und erwachsen denkenden Lehrer für die neue Lieferung Ton für den Werkunterricht gehalten. Dann aber kommt der Lehrer auf die Idee, in der Sportstunde selbst einen Zirkus mit der Klasse zu "eröffnen". Als würde das Ganze nicht jetzt schon in Richtung Chaos steuern, erscheint auch noch eine Delegation des Schulamts, um die Ausstattung der Schule zu begutachten.
Dass die Geschichten verfangen, zeigte sich am Donnerstag eindeutig, die Bad Berleburger Stadtbücherei war wohl zur Hälfte mit jungen und zur anderen Hälfte mit erwachsenen Besuchern gefüllt, und beide Gruppen lachten gleichermaßen über die streckenweise skurrilen Szenen, die Kustodin Rikarde Riedesel vortrug.
Er habe einmal einen guten Tipp bekommen, als er mit dem Schreiben angefangen habe, so Timo Parvela. "Schreib über das, was du gut kannst. Also schreibe ich über die Schule. Ich war in der Schule und habe Lehrer studiert, und meine Frau ist Lehrerin", so Parvela. Nebenbei sind auch seine Eltern und Schwiegereltern Lehrer, oder anders ausgedrückt, er kommt aus einer Lehrerdynastie. Da drängt sich das Thema nahezu auf.
Inzwischen sind in Finnland 15 "Ella"-Bücher erschienen, und der Autor arbeitet an einem Spin-off. Diesmal wird Pekka, der Sohn der Schulleiterin, die Hauptperson sein. Das alles kommt im Stil einer Grafic-Novel daher und soll "viel leichter zu lesen" sein. Timo Parvela könnte wohl Stunden über seine Bücher, über seine Charaktere und die Hintergründe erzählen. Weder den Erwachsenen noch den Kindern wird das langweilig. Und Parvela will gar nicht mehr sein als ein Geschichtenerzähler. Nur Menschen hätten Geschichten, und ihm gefalle die Vorstellung, dass Geschichten gut ausgehen, dass man sich ein positives Ende ausdenken könne. Eine Welt voller Geschichten wäre ein friedlicherer Ort. "Vielleicht sollte Herr Putin auch mehr Geschichten lesen", so Timo Parvela.
Von Guido Schneider