Sympathischer Westö kein Trugbild

Finnischer Schriftsteller begegnete bei Lesung in der Odebornklinik den Besuchern auf Augenhöhe

Ein Autogramm vom Autor: Kjell Westö unterschrieb nach seiner Lesung fleißig. (SZ-Foto: Franziska Henk)

Bad Berleburg. (fhe) Finnische Minderheit zu Besuch in Bad Berleburg: Der Finnlandschwede und Autor Kjell Westö begeisterte am Sonntagabend zahlreiche Bücher- und Literaturfreunde bei der Lesung seines jüngsten Romans "Das Trugbild". Im Rahmen des Literaturpflaster-Programms las der in Helsinki geborene Schriftsteller natürlich einige Zeilen selbst aus seinem Werk auf schwedisch – sehr zur Freude der zahlreichen Gäste in der Cafeteria der Odebornklinik.

Für die weitere Lesung half dann allerdings Christoph Haupt aus, der aus der deutschen Version vortrug. Dennoch kam Autor Kjell Westö noch oft genug zu Wort, denn der auf schwedisch schreibende Schriftsteller versuchte sich nicht nur erfolgreich in deutscher Sprache, sondern stand den Gästen am Ende der Lesung auch gerne Rede und Antwort zu verschiedenen Fragen zu seiner Person oder geschichtlichen Hintergründen Finnlands, die in seinem Buch thematisiert werden.

Bei komplexeren Fragen, vor allem mit geschichtlichem Hintergrund, wechselte der sympathische Finnlandschwede dann allerdings ins Schwedische – hier half dann Übersetzer Paul Berf weiter, der neben Westös Büchern auch schon die Werke von Henning Mankell in die deutsche Sprache übersetzt hat. "Das Trugbild" spielt 1938, ein Jahr, das Westö "sehr gereizt" habe, wie er am Sonntagabend erzählte. Diese Zeit sei für die Finnen "eine Periode voll mit Schatten, Tiefen und Höhen und Gutem und Bösen" – die reiche Zeit nach der Weltwirtschaftskrise, aber auch die des Nationalsozialismus. Auch der finnische Bürgerkrieg ist zu diesem Zeitpunkt erst 20 Jahre her und im Land längst nicht vergessen. Sein Roman "Das Trugbild" ist bereits fast in zehn Sprachen übersetzt, allein sechs seiner Werke sind in deutscher Sprache zu lesen. Fasziniert von Kjell Westö schien auch sein Übersetzer zu sein: "Bei ihm stehen die Menschen im Vordergrund, es geht nicht um Abstraktes, sondern darum, den Menschen in all seinen Facetten, seinen besten und seinen dunkelsten Seiten zu beschreiben", unterstrich Paul Berf, der als Moderator durch den Abend führte. Auf Fragen ging der 53-Jährige gerne ein. So auch auf die, ob er auf finnisch oder schwedisch träume – Westö entkräftete hier der Annahme, dass man nur in seiner Muttersprache träumen könne: Vorrangig träume er in schwedischer Sprache, aber er habe auch finnische Träume.

Geschrieben wird ebenfalls nicht nur in schwedischer Sprache, sondern auch auf finnisch, aber er selbst sagt: "Ich bin ein besserer Schriftsteller in Schwedisch". Die Musik spielt sowohl in seinen Büchern als auch in seinem Leben eine große Rolle. Auf die Frage, wie er die Beziehung zur Musik in seinen Romanen erkläre, antwortete er: "Hätte ich genug Talent gehabt, dann wäre ich lieber Musiker geworden."

Von Franziska Henk


Siegener Zeitung (07.10.2014)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Foto von Franziska Henk (fhe)

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