So lecker die Flusskrebse gewesen sein mögen, wenn auch nicht für alle Geschmäcker, so wenig machten sie auch satt. Deshalb galt es nun, wieder etwas zu tun fürs Essen. Der Hauptgang wartete und nur zu gerne hätte Hans-Christian Radenbach ein Gericht mit Elch- oder mit Rentierfleisch zubereiten lassen – echt Finnisch eben. Allerdings hätte dies den finanziellen Rahmen des Abends gesprengt. Es gebe lediglich eine Firma, die dieses Fleisch importiert. Entsprechend "exklusiv" ist der Preis: Ein Kilogramm Rentierrücken kostet exakt 64 Euro, plus Steuer. Wer sich den Luxus nach dem Kochkurs gönnen möchte, wird in Marburg fündig, wie ein Teilnehmer am Dienstagabend verriet: Dort gebe es nämlich ein finnisches Restaurant.
Neben reichlich Fleisch wird in Finnland auch viel Fisch gegessen. Doch nach den Flusskrebsen zur Vorspeise sollte es im Hauptgericht kein Fisch geben – dafür aber eine typisch Wittgensteiner Spezialität: Fleischwurst. Die wird jedoch in Finnland als Saunawurst bezeichnet und auch nicht einfach so gegessen. Die Finnen bereiten ihre Saunawurst zu, indem sie Taschen reinschneiden und die Wurst dann zum Beispiel mit Käse und Tomaten füllen. Oben drauf kommt, wie sollte es auch anders sein, Senf und Ketchup. Das Ganze kommt dann in den Ofen. Beim Hauptgericht gaben die Kursteilnehmer aber richtig Gas, wie es Hans-Christian Radenbach vorher schon angekündigt hatte. Denn neben der Saunawurst bereiteten sie zusätzlich noch ein Filetgulasch Stroganoff zu, da die finnische Küche nah an der russischen ist. Und nicht zuletzt kamen Frikadellen in die Pfannen – allerdings angereichert mit rote Beete und Kartoffeln. Die tollen Knollen seien in der finnischen Küche wichtig, erläuterte Hans-Christian Radenbach. Da gebe es in Finnland als Beilage vor allem Kartoffelpüree, Kartoffelpüree und ... Kartoffelpüree, na klar.
Bei so vielen Gerichten kamen die Teilnehmer in der heißen Küche mächtig ins Schwitzen. Doris Kassel aus Richstein gehört zu den Stammgästen beim Kochkurs des Literaturpflasters. "Es ist schön, immer wieder etwas Neues zu erleben", sagte sie im SZ-Gespräch, "irgendetwas bleibt davon immer hängen." Das ist auch die Motivation von Jost Mischkowski. Der Siegener nahm auch zum wiederholten Male an dem Kochkurs teil. Neben den Tricks und Kniffen, die er sich bei einem Profikoch gerne abschaut, ist es auch die Gesellschaft, die er schätzt: "Über das gemeinsame Kochen lernt man immer neue Leute kennen."
Und natürlich auch beim gemeinsamen Genießen nach der Zubereitung. Nachdem der Hauptgang schließlich verzehrt wurde, stand noch der Nachtisch auf dem Menü – ein Blaubeerpfannkuchen. Freilich mögen es die Finnen nicht ganz so süß, wie Hans-Christian Radenbach klarstellte. Von seiner Seite war es eine gelungene Premiere beim Literaturpflaster. Und bei dem einen, nur ganz kleinen Makel mit "Guten Appetit" auf Finnisch springt ihm die Siegener Zeitung gerne bei: Hyvää ruokahalua! Nur gut, dass wir es schreiben dürfen und nicht aussprechen müssen ...
Von Björn Weyand