Steinunn Sigurdardóttir
las aus neuem Roman "Der gute Liebhaber"

Autorin zum Anfassen

Die bekannte isländische Autorin Steinunn Sigurdardóttir (r.), hier im Gespräch mit Marlen Jourdan, begeisterte am Mittwochabend mit ihrer Lesung in der Bad Berleburger Odebornklinik und stand im Anschluss für persönliche Fragen zur Verfügung. (SZ-Foto: Dr. Volker Gastreich)

Bad Berleburg. (vg) Mit ungemein sanfter, tiefer Stimme, einer unverwechselbar natürlichen Art und der eigentümlichen Melodie der isländischen Sprache zog am Mittwochabend die Bestsellerautorin Steinunn Sigurdardóttir ein zahlreich erschienenes Publikum in der Caféteria der Berleburger Odebornklinik in ihren Bann. Die besondere Lesung im Rahmen des "Berleburger Literaturpflasters" brachte dabei Leben und Werk der bekannten Schriftstellerin näher und weckte die Neugier des Publikums auf weitere Literatur von der fernen Insel im Norden.

Liebe, Gefühle, Vergänglichkeit und Tod sind ihre Themen

Nach ihrem äußerst fesselnden Gedichtvortrag "Liebe in Zeiten der Liebeserklärungen", den sie in fließender deutscher Sprache und auf Isländisch hielt, entlockte ihr die Moderatorin des Abends, Bettina Born, in einem sehr persönlichen und offenen Gespräch einige spannende Details aus ihrem Privatleben und schriftstellerischen Schaffen.

So erzählte Steinunn Sigurdardóttir, dass sie kürzlich einen Gedichtband veröffentlicht habe, der auch ins Deutsche übersetzt sei und sich, ganz wie ihre Romane, um die Themen Liebe, Gefühle, Vergänglichkeit und Tod drehe. Derzeit lebe sie mit ihrem Ehemann in Berlin und habe mit ihm auf gemeinsamen Lesereisen manche Abenteuer erlebt, ebenso mit ihrer Tochter, die sie lange Zeit begleitet habe. "Jetzt wohnt meine Tochter aber in den USA", so die Autorin.

Sie selbst sei ungemein viel herumgekommen, habe in Japan, Amerika, Frankreich und in der Karibik gelebt, in Dublin Psychologie und Philosophie studiert, für das Radio und das Fernsehen gearbeitet und reise derzeit quasi zwischen Berlin und Reykjavík hin und her.

Der Glaube an den Humor

Woher sie ihre Ideen für ihre besonderen Geschichten nehme? "Ich bin keine von den Autorinnen, die ihre Ideen aus der eigenen Biografie heraus entwickeln", antwortete sie. "Ich stelle mir einfach vor, wie etwas sein könnte und bringe das dann zu Papier." Dabei sei sie mitunter selbst erstaunt, wie nah ihre Fiktionen der Realität kommen.

Auf die Feststellung von Bettina Born, dass all ihren Werken doch eine bestimmte eigentümliche Traurigkeit, eine Tragik und Melancholie anhafte, entgegnete die Autorin: "Wenn mich jemand fragen würde, woran ich glaube, dann würde ich antworten: an den Humor." Daher sei sie selbst auch immer in ihren Geschichten um humoristische Wendungen und Überraschungen bemüht.

Aus aktuellem Werk "Der gute Liebhaber" gelesen

Einige dieser Wendungen gab Steinunn Sigurdardóttir in ihrer anschließenden Lesung aus ihrem aktuellen Werk "Der gute Liebhaber" zum Besten. Dabei entführte die Autorin ihr Publikum mit spitzbübischem Charme in die Wohnung und Gedankenwelt des Liebhabers Karl, der nach einer gemeinsamen Nacht mit der überaus scharfsinnigen Psychoanalytikerin Doreen die zurückliegenden Stunden erst einmal verarbeiten muss. "Sie betrachtete ihn wie eine Preisrichterin in einer Tiershow", las sie. Ihm wiederum missfiel es, "dass Doreen sich bei ihm bereits wie zu Hause fühlte". In wechselnden Innenschauen arbeitete Steinunn Sigurdardóttir schließlich die Frage weiter auf, was denn nun genau einen guten Liebhaber ausmache. Die Tatsache, dass es sich bei diesen Dialog-Partnern letztlich um ein sehr ungleiches Paar handelte, einen "Mamasohn" und Frauenheld auf der einen und eine gewiefte Psychologin und Autorin auf der anderen Seite, verlieh dem Ganzen ungemeinen Esprit.

Persönliches Gespräch mit einer Bestsellerautorin

Am Ende der Geschichte schreibt die Figur Doreen ein Buch über das Verhältnis mit Karl. Und dieses Buch nennt sie kurzum "Der gute Liebhaber". Steinunn Sigurdardóttir blickte aus ihren Seiten auf und schaute keck und augenzwinkernd ins Publikum: "Damit steht also fest: Ich habe das Buch gar nicht geschrieben, Doreen war es." Nach einem begeisterten Applaus freute sich die Autorin schließlich über den Literaturpflasterstein, den ihr Bettina Born überreichte.

Im Anschluss hatten die überwiegend weiblichen Zuhörer genügend Gelegenheit, die Schriftstellerin in einem persönlichen Gespräch noch näher kennenzulernen. Damit erwies sich Steinunn Sigurdardóttir an diesem Abend als Beststellerautorin zum Anfassen.

Von Dr. Volker Gastreich


Siegener Zeitung (30.09.2011)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Foto von Dr. Volker Gastreich (vg)

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