18. Bad Berleburger Literaturpflaster:
Katja Heinzelmann entführt ihre Zuhörer
in eine mystische Märchenwelt

Im Land der Gnome, Trolle und Elfen

Im Anschluss an Katja Heinzelmanns (l.) isländische Märchenerzählungen beim Literaturpflaster ergaben sich mit der Bad Laaspherin noch 'sagenhafte' Publikumsgespräche. (WP-Foto: Christiane Sandkuhl)

Bad Berleburg. (cs) Island ist anders, ganz anders. Nicht allein das äußere Erscheinungsbild, die karge Vegetation und die unwirtliche Landschaft, sind gewöhnungsbedürftig für uns Mitteleuropäer. Gleiches gilt auch für die Lebensart und die Ansichten der Isländer.

Ganz besonders hat dies nun die Bad Laaspher Märchenspezialistin Katja Heinzelmann in der Berleburger Stadtbücherei im Rahmen des 18. Literaturpflasters hervorgehoben. Katja Heinzelmann erfreut sich seit vielen Jahren wachsender Beliebtheit mit den jeweils landestypischen Märchenerzählungen, mit denen sie sich dem Buchmessen-Ehrengast intensiv widmet. Monate im Voraus liest sie sich in Mythen und Sagen ein, mit sichtlicher Freude, um dann mehr dem erwachsenen Publikum eine Welt fernab der Realität zu offenbaren. Und wie nun erlebt, sind es vor allem Frauen, die sich gern in ein Land der Elfen, Trolle, Kobolde und Gnome entführen lassen.

Eigenwillige Isländer

Gewöhnungsbedürftig war für die Anwesenden die von Monika Kuhli (Buchhandlung MankelMuth) geschilderte sehr eigenwillige Sicht der Isländer, vor jedem neuen Straßenbau mittels eines spirituellen Mediums die geistige Welt der Elfen und Trolle zu befragen, ob sie mit dem doch sehr weltlichen Bau einer neuen Zuwegung einverstanden sind. Ist dies nicht der Fall, darf keine Baumaschine der Landschaft zuleibe rücken.

Doch die isländischen Erzählungen sind nicht unbedingt im eigenen Land entstanden. Katja Heinzelmann erklärt, dass eine Vielzahl der Sagen und Mythen nachweislich ihren Ursprung in anderen Ländern der Erde haben. Zu erkennen ist dies sehr häufig an der Gegenwärtigkeit von Wäldern, Königen, Prinzessinnen und Schlössern, die keinen urtypischen Bezug zu der großen kühlen Insel ganz im Norden haben.

Und doch schwingen eine Menge typische Naturelemente mit. Wasserfälle, heiße, sprudelnde Quellen verleihen den Erzählungen etwas Heimeliges, aber auch das Gruseln darf nicht zu kurz kommen. Auffällig in den ausgewählten Sagen der Bad Laaspherin sind hier und da Anklänge an die Grimm'schen Märchen "Frau Holle" und "Das Aschenputtel". Große Bedeutung in den isländischen Märchen hat auch der Wandel von Personen, die zunächst im "richtigen Leben" Mägde sind und schließlich durch Klatschen mit speziellen Handschuhen virtuelle Brücken erschaffen, über die sie in ein zauberhaftes Land entschwinden und sich als Königskinder entpuppen.

Im recht kahlen und von der Vegetation ziemlich stiefmütterlich behandelten Island erschafft sich die Bevölkerung auch heute noch Mystisches wie die Unterwasserwelt mit Floki, dem Meermann. Mit der "Anderwelt" haben sich die Isländer weltweit einen Namen gemacht.

Märchen sind beliebt

Die Beliebtheit von Märchenabenden ist unvergleichlich höher als in anderen europäischen Ländern. Eine Erklärung liegt für Katja Heinzelmann in der sehr langen dunklen Jahreszeit und dem rauen Klima. Die Vegetation, die sich auf niedere Pflanzen beschränkt, wächst hier aus Gründen der geringen Sonnenbestrahlung natürlich sehr langsam. Um einen Baum an Üppigkeit heranzubringen, bedarf es tatsächlich geschätzte 300 Jahre. Die Überlieferung sagt, Island sei vor vielen Jahrhunderten stark bewaldet gewesen, doch die Wikinger haben für ihren Schiffsbau nahezu alles abgeholzt.

Mit Verwünschungen, Flüchen und der Verbannung böser diebischer Hügelweiber, die arme isländische Bauern beinahe an das Hungertuch hängten, zeigte Katja Heinzelmann dem Publikum in der gut besuchten Bücherei, dass es eine mystische Welt gibt, über die es sich nachzudenken lohnt. Denn die Moral aus den von ihr ausgewählten Märchen ist nicht realitätsfern und hat so manchen in Sachen Ehrlichkeit und Redlichkeit ein wenig wachgerüttelt.

Von Christiane Sandkuhl


WESTFALENPOST (15.09.2011)
Internet: www.derwesten.de/staedte/bad-berleburg/
Bildquelle: WP-Foto von Christiane Sandkuhl (cs)

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