Bad Berleburg. (ja) Drei Generationen in 30 Jahren: die resolute Großmutter Melanie, die mit den schweren Erlebnissen der Vergangenheit zu kämpfen hat, die zwangsgestörte Mutter Mieke, die regelmäßig die Fransen aller Teppiche im Haus zurecht kämmt, der ungenügsame Vater Stephan, dessen Charakter durch seine Gier immer weiter verformt wird, und mittendrin Tochter Sarah, gefangen in dieser Welt. Als eines Tages ihr Onkel bei der wohlhabenden Familie auftaucht, zeigt er ihr einen möglichen Weg aus dem goldenen Käfig. "Es existiert nicht nur das Individuum, der Mensch ist geprägt durch eine Kette von Generationen und Genen", sagt Schriftstellerin Saskia de Coster aus Flandern.
Und genau darum geht es in ihrem erfolgreichen Roman, dem Familienporträt "Wir & Ich", den sie am Donnerstag bei der ersten Abendlesung des 23. Berleburger Literaturpflasters im Autohaus Kroh vorstellte. Organisatorin Rikarde Riedesel widmete in ihrer Begrüßung den Abend dem verstorbenen Galeristen Gerd Gerhard: "Er hätte sich über diesen Abend sehr gefreut, denn heute erwartet uns etwas ganz Besonderes und Buntes." Autorin Saskia de Coster wurde begleitet von der Musikerin Inne Eysermanns, Frontfrau der belgischen Band Amatorski. Beide präsentierten eine ganz besondere Text-Ton-Performance. "Das Berleburger Experiment", scherzte die Schriftstellerin. Dabei las sie Texte, die lyrisch und tiefgründig daherkamen und zusammen mit den fantastischen Klangwelten Inne Eysermanns eine ganz besondere Atmosphäre schufen. Die Zuhörer lauschten so nicht nur den Worten der Autorin, sondern auch der Musik. Der interdisziplinäre Abend, die Mischung aus Text und Musik, war eine Premiere beim Berleburger Literaturpflaster und kam offensichtlich gut an. Saskia de Coster erzählt, dass sie schon immer musikbegeistert war, denn Musik übt einen direkten Einfluss auf die Emotionen der Menschen aus. So entstand die Zusammenarbeit mit Musikern und anderen Künstlern. "Saskia de Coster ist ein echtes Multitalent. Sie ist nicht nur Schriftstellerin und schrieb auch eine regelmäßige Kolumne in einer Zeitung, sondern veröffentlichte auch eine Graphic Novel", erzählt Rikarde Riedesel. Saskia de Costers amüsanter Roman über die Schwierigkeiten und Konflikte einer vermögenden Familie "Wir & Ich" war in Belgien bereits ein Beststeller.
Erstmals las de Coster in einem Autohaus: "Als Schriftsteller bekommt man seine Inspiration von überall her. Wir sind Diebe der Wirklichkeit."
Von Janina Althaus