Bad Berleburg. Verhältnismäßig dunkel und vielleicht für manche auch etwas unheimlich, eine lärmende Heizungsanlage als einzige echte Geräuschkulisse. Ein ganz besonderes Ambiente hatten sich die Verantwortlichen des Berleburger Literaturpflaster für die Lesung von Bert Wagendorps Roman "Ventoux" ausgesucht. Zum ersten Mal diente eine Fabrikhalle des Berleburger Schaumstoffwerks BSW als Schauplatz für eine Veranstaltung im Rahmen der Veranstaltungsreihe. "Ein heimeliges Plätzchen für Literatur", wie es Moderatorin Rikarde Riedesel ausdrückte.
Der "blonde Engel" im Mittelpunkt
Am Montagabend erzählten Autor Bert Wagendorp und Übersetzerin Marlen Jourdan von der VHS Siegen-Wittgenstein abwechselnd eine mitreißende Geschichte über eine Gruppe von fünf Männern und einer Frau.
Einer jungen Frau mit wallenden blonden Haaren, blauen Augen und "perfekten Brüsten" namens Laura, die den Herren im Sommer 1982 – knapp 30 Jahre vor der eigentlichen Erzählung – gehörig den Kopf verdreht und nachhaltig Einfluss auf deren Freundschaft haben sollte. Die Jungs, allesamt vom Radsport begeistert, nehmen es sich zum Ziel, den legendären Mont Ventoux mit seiner Höhe von 1912 Metern zu bezwingen – und verlieren dabei ein Mitglied ihrer Gruppe durch ein tödliches Unglück. Ihre Wege trennen sich im Anschluss. Der eine macht Karriere als Sportreporter, der Zweite wird ein vielerorts geschätzter Physiker, der Dritte steigt in die Reisebranche ein und der Vierte – nun ja – er "verdient" sein Geld mit Drogenhandel. Laura verschwindet zunächst spurlos. Im Jahre 2010 meldet sie sich plötzlich wieder und schlägt ein gemeinsames Wiedersehen am Ventoux vor. Natürlich folgen die vier Freunde ihrer Einladung, aber nicht ohne den Drahtesel im Gepäck.
Autobiografische Elemente
Damit stellen sich genug spannende Fragen. Alle wollte der 59-jährige Wagendorp bei seinem Ausflug nach Wittgenstein nicht beantworten. Aber der Niederländer, der parallel auch für die überregionale Tageszeitung "De Volkskrant" als Kolumnenschreiber tätig ist, offenbarte gerne einige kleine Geheimnisse. Der Roman enthalte viele autobiographische Elemente. Wagendorp befuhr den "Berg, wo Männer beweisen wollen, dass sie noch fit sind" beispielsweise selbst zweimal. Zudem nimmt der Autor, der sich als Sportjournalist über viele Jahre vor allem mit der "Tour de France" beschäftigte, in seiner Erzählung kein Blatt vor den Mund. Da fallen in der Fabrikhalle auch schon mal nicht ganz druckreife Wörter. Vielleicht ist es die Mischung aus Freundschaftsgeschichte, Drama, Liebesgefühlen und "Midlife-Crisis" , die "Ventoux" in den Niederlanden zu einem solch großen Erfolg verhalf. Satte 160 000 Einheiten wurden seit der Veröffentlichung im Mai 2013 schon abgesetzt, auch eine Verfilmung fand bereits den Weg in die Kinos.
Bert Wagendorp hat dazu eine klare Theorie: "Tod und Erotik sind die großen Themen der Literatur. Wenn ich diese beiden Sachen drin habe, kann fast nichts mehr schiefgehen. Und wenn man schon fünf Freunde in der Geschichte hat, dann braucht man eine Frau". Schallendes Gelächter und zustimmendes Nicken im Publikum.
Von Patrick Friedland