23. Literaturpflaster:
Dr. Ulf Lückel referierte in Bad Berleburg

Das orangene Wittgenstein

Dr. Ulf Lückel dürfte sich was dabei gedacht haben, die orangene Krawatte aus dem Schrank genommen zu haben. Otto Marburger (r.), Ehrenvorsitzender der Kulturgemeinde, überreichte dem Referenten als Dank den Pflasterstein. (SZ-Foto: Holger Weber)

Bad Berleburg. (howe) "Wilhelm von Nassau, bin ich von deutschem Blut" – wenn die Fußball-Nationalspieler aus den Niederlanden ihre Nationalhymne anstimmen, dann besingen sie auch ihre deutschen Wurzeln. Wer das bisher noch nicht wusste, der hätte sich den Vortrag von Dr. Ulf Lückel in der Bad Berleburger Odebornklinik unbedingt anhören müssen. Der Marburger Kirchenhistoriker und Theologe folgte der Einladung zum Literaturpflaster, die nachbarschaftlichen Beziehungen des Wittgensteiner Landes zu den Oraniern zu beleuchten.

Passend zum Literaturpflasterschwerpunkt "Flandern und die Niederlande" brachte Dr. Ulf Lückel einen wunderbaren Vortrag zu den wechselseitigen Beziehungen mit. Dass die Geschichte der Niederlande mit ihrem Dillenburger Fürsten Wilhelm von Oranien beginnt; dass das niederländische Königshaus aus dem Haus Nassau hervorgeht; was Oranien mit der provenzalischen Grafschaft im heutigen Frankreich zu tun hat oder wie es überhaupt zur niederländischen Orange-Farbgebung gekommen ist – all das beantwortete der Referent aus Marburg spannend und perfekt.

Staunende Gesichter entdeckte man in der Runde, als Dr. Ulf Lückel die Wittgensteiner Berührungspunkte mit den Oraniern aufzeigte: Zur Vorbereitung auf den Feldzug gegen Spanien versammelte Wilhelm I. von Oranien-Nassau im April 1568 seine Truppen auf der Ginsburg – unweit vom Hilchenbacher Ortsteil Grund. Das Heer Wilhelms bestand hauptsächlich aus Dillenburger und Siegerländer Söldnern, es kämpften aber auch 30 Wittgensteiner an der Seite Wilhelms: zwölf allein aus Erndtebrück, dazu Männer aus Feudingen, Arfeld und Birkelbach sowie Soldaten aus Laasphe und Grafschaft. Aus Berleburg warb man einen Unteroffizier an, der "hoch dekoriert 1568 nach Berleburg zurückkam und die Organisation der dortigen Schlossarmee nach holländischem Vorbild organisierte", wie Dr. Ulf Lückel erklärte.

Mindestens 18 Damen hätte der Referent aufzählen können, die aus den verschiedenen Wittgensteiner Linien in die Nassauischen Linien einheirateten. Eine davon war Sophie Polyxena Concordia zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, die ihre pietistischen Ideale, ihre Frömmigkeit, ihre Herzlichkeit zu den Armen und Notleidenden ins Siegerland übertrug. Mit dem Tode ihres Mannes Friedrich-Wilhelm von Nassau-Siegen endete die reformierte Linie derer zu Nassau-Siegen. Eine weitere, sehr bedeutenden Beziehung bestand zwischen den Universitäten in den Niederlanden und der Region. So haben viele Wittgensteiner den weiten Weg in die holländischen Hochschulen gewählt, wie Dr. Ulf Lückel verriet.

Schon zur Gründung der zweitältesten niederländischen Uni Franeker (Friesland) anno 1585 zählten zwei Studenten aus Laasphe zu den Erstimmatrikulierten. Die guten Beziehungen zwischen Wittgenstein und den Niederlanden hätten sich über die Jahrhunderte gehalten, so Dr. Ulf Lückel. Auch das niederländische Königshaus sei mit der Berleburger Linie gut bekannt.

Von Holger Weber


Siegener Zeitung (29.10.2016)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Foto von Holger Weber (howe)

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