Ein gutes Pflaster für Literatur

Bad Berleburg kümmert sich ab September
um Flandern und die Niederlande

Auf dem kleinen Stein steht 'Literatur', und auf den großen Pflastersteinen sitzt zwischen den Büchern die Organisatorin Rikarde Riedesel. (WP-Foto: Matthias Graben)

Bad Berleburg. 94 kleine Pflastersteine mit der Aufschrift „Literatur“ gehen bis Ende Oktober an die Beteiligten beim Berleburger Literaturpflasters. 94 deshalb, weil 1994 Start der Kulturveranstaltung war. Es beginnt also am kommenden Freitag die 23. Auflage. Erstmals mit Gästen aus Flandern und den Niederlanden.

Die waren zwar schon 1993 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Harry Mulisch und Cees Nooteboom, Margriet de Moor und Connie Palmen haben seitdem auch sehr viele deutsche Leser. Aber 1993 gab es das Berleburger Literaturpflaster noch nicht. Das entstand erst, als ein Brasilien-Fan auf die Idee kam, vom Buchmessen-Gast des Jahres 1994 könnten doch auch die knapp zwei Autostunden entfernten Wittgensteiner profitieren. Er fand ein paar Mitstreiter, unter anderem eine junge Lehrerin, die gerade für ein halbes Jahr im Kulturamt arbeitete – und die brasilianische Kultur hielt Einzug in den Luftkurort im Rothaargebirge.

Vor den anderen Festivals

Die junge Lehrerin war Rikarde Riedesel, und sie ist geblieben. Als Leiterin der Kulturabteilung der Stadt ist sie seit nunmehr 23 Jahren die Chef-Organisatorin der von vielen lokalen Initiativen getragenen Literaturwochen. „Heute sind Lesungen ja überall populär“, weiß die 51-Jährige. „Aber wir waren schon lange vor anderen Literatur-Festivals wie etwa der LitCologne aktiv“, berichtet sie stolz. Und die Idee funktioniert nach wie vor: „Wir hängen uns an die Buchmessen-Schwerpunktländer an. Die Autoren sind da. Dadurch sparen wir Anreisekosten. Und die Gastländer nehmen schon ordentlich Geld in die Hand, um sich zu präsentieren.“

20 bis 30 Termine organisiert die Veranstaltergemeinschaft jedes Jahr. „Das ist die Leistungsgrenze“, sagt Riedesel. Die Arbeit ist schon so erheblich. Ein Teil davon muss sein: „Ich fahre immer zur Messe nach Frankfurt, um Kontakte zu knüpfen. Im November kommen dann die ersten Angebote der Verlage für den kommenden Herbst.“ 2017 ist Frankreich Gastland.

"Ich kaufe doch nicht die Katze im Sack."
Rikarde Riedesel erklärt, warum sie alle Bücher selbst liest.

Anderes tut Rikarde Riedesel, obwohl es nicht unbedingt sein müsste. Aber sie hält es schon für ihre Pflicht: „Ich kaufe doch nicht die Katze im Sack“, sagt sie. Und deshalb hat sie alle Bücher, um die es in den kommenden Wochen gehen wird, auch gelesen. Das okkupiert einen Großteil ihrer Abende. Kein Grund zur Klage allerdings: „Jedes Jahr darf ich viel Neues entdecken. Das macht den Reiz aus.“ Und was hat sie aktuell besonders gereizt? „Ich bin bekennende Krimileserin“, sagt die Leiterin der Kulturabteilung. Deshalb hat es ihr das deutsch-südafrikanische Autorenduo mit dem Kunstnamen Britta Bolt angetan: „Bisher gibt es zwei Fälle mit Pieter Posthumus, der sich in Amsterdam um anonyme Tote kümmert, und ich warte schon auf den dritten.“

Aber auch „Wir & ich“ vom neuen Star Saskia de Coster kann sie empfehlen: „Eine Familiengeschichte, aus der ein Kind sich freistrampeln muss.“ Und „Ventoux“ von Bert Wagendorp: Freunde treffen sich zum Radfahren am Berg und müssen klären, was vor 30 Jahren geschah. Und die Kinder- und Jugendbücher, die vielen Lesungen in Schulen, sind für die gelernte Lehrerin ebenfalls wichtig.

Gute Betreuung

Wichtiger als die Details aber ist das Ganze: „Die Autoren kommen gern, weil sie sich gut betreut fühlen. Und das Publikum reist auch aus Brilon, Schmallenberg und Siegen an.“ Und die ganze flämisch-niederländische Literatur der Gegenwart – was wäre für die kennzeichnend? Das ist die einzige Frage, mit der sich Riedesel schwer tut: „Hmm. Unterschiedlich. Zweifellos europäisch. Aber typisch? Schwierig.“ Dann hat sie die rettende Idee: „Kommen Sie doch einfach zum Vortrag am 7. September. Da erfahren Sie alles.“

Von Harald Ries

 

Bücher, Käse, Musik und noch viel mehr

Den Auftakt macht am 2. September ein Jazzkonzert mit dem Trio Kapok. Ins Thema führt am 7. September Prof. Jan Konst: Literatur aus Flandern und den Niederlanden seit 1993.

Zu Lesungen kommen bis Ende Oktober Mirjam Mous, Saskia de Coster, Stefan Boonen, Britta Bolt, Bert Wagendorp und Thomas Heerma van Voss.

Dazu gibt es eine Illustratoren-Ausstellung, einen Kochkurs, eine Käseverkostung und einen kulinarischen Abend.

Alle Infos unter www.literaturpflaster.com


WESTFALENPOST (29.08.2016)
Internet: www.derwesten.de/staedte/bad-berleburg/
Bildquelle: WP-Foto von Matthias Graben

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