Schwierigkeitsgrad hoch angesetzt
Radenbach ergänzt zur Beruhigung der Anwesenden, dass er "im weiteren Verlauf des Abends nichts mehr auf Flämisch oder Niederländisch sagen wird." Aus Angst, sich zu blamieren. Da konzentriert sich der 44-Jährige doch eher auf seine Kernkompetenz, die er auch im sonstigen Berufsalltag den Schülern des Berufskollegs vermittelt: Kochen. Und dies ist auch notwendig, denn im Vergleich zum indonesisch geprägten Vorjahreskurs wird es an diesem Dienstagabend deutlich komplexer. Schon beim ersten Arbeitsschritt, dem Zerkleinern der Hähnchenschenkel, zeigen sich beim ein oder anderen Kursteilnehmer die ersten Probleme.
Nicht so bei Karl-Heinz Roth, einer der zahlreichen "Wiederholungstäter", die Hans-Christian Radenbach immer wieder in seiner Schulküche begrüßen kann. "Ich bin schon fünf, sechs Jahre regelmäßig hier. Mittlerweile lässt mich meine Frau in der Küche schon alleine", grinst der Hobbykoch, der extra aus Netphen angereist ist.
Manche lassen sich aber auch einfach mal mitschleifen. Gerd Hundt, der zum ersten Mal dabei ist, macht beispielsweise gute Miene zum bösen Spiel. "Ich wollte eigentlich gar nicht mit, das war ein Missverständnis", gesteht er im Beisein seiner Frau Bärbel, die parallel mit Frohmut und Tatendrang bei der Sache ist. "In 14 Tagen fahren wir zu Freunden nach Belgien in den Urlaub. Und vielleicht können wir denen ja noch etwas beibringen", lacht sie. Radenbach zeigt sich unterdessen bemüht, auch die blutigen Anfänger mit lockeren Sprüchen bei Laune zu halten. "Die Hähnchen bitte ohne Finger in die Töpfe geben" – diesen Rat befolgten zum Glück alle Beteiligten.
Nach anderthalb Stunden trägt der Fleiß dann erste Früchte. Oder besser: Bällchen. Der Endivienstampf mit Bitterballen ist verzehrfertig, das Vertrauen in die eigenen Kochkünste ist aber vorerst noch rudimentär ausgeprägt. "Mal gucken. Wenn es schmeckt, kochen wir es zuhause nach", sagt Iris Kocherscheidt. Und tatsächlich sind sich alle einig: Es schmeckt. Bei diesem Gericht keine Selbstverständlichkeit, weiß Radenbach: "Bei Bitterballen, die man so irgendwo kaufen kann, will ich nicht wissen, was da immer so drin ist."
Der größte Gaumenspaß für Gourmets sollte aber noch folgen. "Carbonade flamande" – ein Rinderfiletsteak auf Biersoße. Der Profikoch empfiehlt: "Die Soße ruhig auch mal mit Lebkuchen binden" – und sorgt damit einmal mehr für verblüffte Blicke. Doch auch diese Mühe sollte sich lohnen. Angereichert mit Fritten (was auch sonst?), Mayonnaise und geschmortem Chicoree, gibt das edle Fleisch einen vorzüglichen Hauptgang ab. Radenbach hält sich beim Verzehr aber vornehm zurück. "Ich habe vorhin schon drei Kurse durchgefüttert, irgendwann muss es auch mal gut sein", sagt er.
Doch ein wenig Platz im Magen zu lassen, war empfehlenswert. Schließlich gab es ja noch ein Dessert zu verputzen. Da eignen sich Poffertjes natürlich perfekt, den fluffigen Teig für die Mini-Pfannkuchen hatten Teile der Gruppe schon zu Beginn des Abends vorbereitet.
Nächstes Jahr wieder Hahn?
Am Ende sind sich alle einig, dass sie im nächsten Jahr wiederkommen wollen. Dann wird sich Radenbach der Herausforderung stellen, im Rahmen des Literaturpflasters ein französischen Menü zu basteln. Dies im Übrigen ganz ohne Frösche. "Coq-au-vin und Bouillabaisse bieten sich natürlich an", weiß er. Und vielleicht kommt sogar Gerd Hundt dann freiwillig mit. Denn ausgezeichnet geschmeckt hat es auch ihm.
Von Patrick Friedland