Bad Berleburg. (bw) Die Lesungen für Jugendliche an den weiterführenden Schulen sind längst eine schöne Tradition beim Literaturpflaster in Bad Berleburg. Und wenn dann – wie gestern, heute und morgen – auch noch ein echter Star für diese Lesungen verpflichtet werden kann, dann sei das schon sehr bemerkenswert, sagte Rikarde Riedesel, die in der Aula des Johannes-Althusius-Gymnasiums die niederländische Jugendbuchautorin Mirjam Mous begrüßte. Sie hat bereits mehr als 60 Werke für Kinder und Jugendliche verfasst, berühmt wurde sie jedoch auch hierzulande durch den Jugendthriller "Boy 7", der sogar mit so bekannten Jungschauspielern wie David Kross sowie Emilia Schüle verfilmt wurde.
Mit dem Drehbuch sei sie erst gar nicht so glücklich gewesen, erzählte die Schriftstellerin gestern den Achtklässlern am Johannes-Althusius-Gymnasium. Vieles sei verändert worden für den Film, in dem es – anders als im Roman – unter anderem eine Liebesgeschichte gebe. Und der Film spielt nicht in den USA, wie es im Buch der Fall ist, sondern in Deutschland. Am Ende sei sie mit dem Ergebnis aber trotz der Veränderungen zufrieden gewesen, erklärte die Autorin. Sie gab den Schülern auch einen Einblick in die Entstehung ihrer Geschichten, für die sie zuerst immer nur den Anfang habe. Und in den spannenden Thrillern sei die Ausgangssituation zumeist mit dem verbunden, was sie selbst ganz besonders ängstige: ein Kontrollverlust.
Protagonist in "Boy 7" ist ein Junge, dem alle Erinnerungen fehlen. Auf der Mailbox auf einem Handy rät ihm aber seine eigene Stimme: Was auch passieren mag, die Polizei dürfe er nicht anrufen. Auf seiner Bekleidung steht eine 7 – deshalb wählt er für sich den Namen "Boy 7". Im Buch kann er erst nach und nach die Puzzleteile zusammensetzen und erfährt, dass er aus einem Erziehungslager kommt, in dem offenbar schreckliche Dinge geschehen. Im Prinzip sei die Geschichte das komplette Gegenteil von Pinocchio – das sei ja eine Puppe, die menschlich sein wolle. In "Boy 7" hingegen gehe es um Menschen, die zu Puppen gemacht werden, erläuterte die niederländische Jugendbuchautorin.
"Boy 7" ist zwar bisher der größte Erfolg für Mirjam Mous, freilich nicht das einzige ihrer Bücher, das auch in Deutschland erschienen ist. Rikarde Riedesel las gestern auch eine Passage aus "Room 27" vor. Darin ist ein jugendlicher Rucksacktourist in Spanien unterwegs und gerät unter Mordverdacht. "Er ist isoliert und kann auch die Sprache kaum", verriet Mirjam Mous. Dabei gehe es gar nicht so sehr um die Frage, ob er die Frau tatsächlich ermordet habe oder nicht – denn das kann der Leser dank der Ich-Perspektive ausschließen. Es gehe vielmehr um die schwierige Situation, dass ihm niemand glauben wolle, sagte die Autorin, die vor ihrer Karriere als Schriftstellerin als Sonderschullehrerin arbeitete.
Ein Jahr braucht sie ungefähr für einen solchen Thriller – dazwischen schreibt sie noch kleinere Bücher für Kinder. Freilich stehen auch in den Lesungen am heutigen Dienstag in der Realschule und ebenfalls am morgigen Mittwoch in der Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule die mitreißenden Thriller von Mirjam Mous im Mittelpunkt. Geschichten wie "Password", in der ein Junge seinen Freund nach einem Aufenthalt im Krankenhaus nicht mehr wiedererkennt. Das zwischen den beiden vereinbarte Passwort kann der Kumpel erst am zweiten Tag benennen. "Crazy Games" spielt in England, weil hier das Wetten einen besonderen Stellenwert hat. In diesem Buch muss ein Jugendlicher viele Herausforderungen bestehen, um seinen Vater zu retten. Wieder so ein filmreifer Stoff, doch derzeit sei nicht geplant, dass ein weiteres Buch verfilmt werde, meinte Mirjam Mous gestern auf Nachfrage einer Schülerin. Allerdings: Was nicht ist, kann noch werden.
Von Björn Weyand