Anthony McCarten im Interview

Der Autor singt auch

Ein Allrounder: Bei der Lesung im Sanitätshaus Kienzle sang Anthony McCarten zur Gitarre ein selbstgeschriebenes Lied, das zu seinem neuen Roman 'Ganz normale Helden' passt. (SZ-Foto: Melanie Günther)

Bad Berleburg. (mg) Die vierte und letzte Lesung beim Literaturpflaster hatte das in Neuseeland geborene Multitalent Anthony McCarten zu Gast. Anthony McCarten ist einer der bekanntesten und gefragtesten Autoren der diesjährigen Frankfurter Buchmesse wie auch der internationalen literarischen Bühne. In der vierten und letzten Lesung des Bad Berleburger Literaturpflasters hielt er einige Überraschungen für das Publikum im Sanitätshaus Kienzle bereit. Insgesamt 32 Städte besucht Anthony McCarten während seiner Deutschlandtour, darunter auch Bad Berleburg. Obwohl Neuseeland immer im Mittelpunkt des Interesses gestanden habe, gestand McCarten im Exklusivinterview mit der Siegener Zeitung, keinen einzigen der 60 weiteren neuseeländischen Autoren während der Frankfurter Buchmesse getroffen zu haben. Solch eine starke Pressenachfrage habe er noch nie gehabt.

Typisch für Neuseeländer: Wissensdurst und Reiselust

Die Messe selbst hinterließ einen bleibenden Eindruck beim Autor. Die scheinbar unantastbare und offensichtlich gegen alle Krisen gewappnete Buchindustrie beeindrucke McCarten am meisten. Er freue sich darüber, dass das Interesse am Buch und die Passion fürs Lesen immer noch in einem so starken Maße vorhanden seien. Trotz seines Kosmopolitendaseins bleibt McCarten seiner Heimat treu. Einmal im Jahr kehrt er zurück, um seine Familie zu besuchen. Der Wissensdurst und die Reiselust der Neuseeländer haften nicht nur ihm, sondern auch seinen Buchcharakteren an. Sie seien Personen, die einem typischen Naturinstinkt folgten, so McCarten. Weltoffenheit und Entdeckerdrang liege ihnen seit der Besiedlung Neuseelands im Blut.

McCarten lebt in London - einem menschlichen Laboratorium

Humorvoll erklärt der Autor, dass die europäischen Vorfahren wohl an einem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom gelitten hätten. Wie sonst würde man auf die Idee kommen, ein Land zu besiedeln, das keiner zuvor betreten habe? Ebenso verhalte es sich mit den jetzigen Bewohnern. Nicht umsonst waren es die Neuseeländer, die den Extremsport Bungeejumping erfunden haben. McCarten betrachtet sich selbst als "New Zealand born writer" und nicht als "New Zealand writer". Thematisch lege er seinen Schwerpunkt in eine andere Richtung, dafür habe er zu lange in London gelebt. Die Stadt inspiriere ihn maßgeblich. Er lebe gern in einem, wie er sagt, menschlichem Laboratorium. Keine andere Stadt biete einen solchen Fundus an Verhaltensweisen. Er schließe es aber nicht aus, dass sein Heimatland einmal wieder einen Weg in seine Romane findet.

Vater und Sohn, da war doch was... "Superhero" natürlich!

Woher seine Ideen für seine Romane kommen, wisse er selbst nicht so genau. Meist basieren diese auf einer Intuition oder einer Erfahrung, einem Bild, einem Lied oder den Nachrichten. Oft lebt er über Monate mit einer Idee, bis sich die Gelegenheit ergibt, diese mit anderen in Verbindung zu bringen. So verhielt es sich auch mit seinem neusten Roman "Ganz normale Helden". Zuerst war da die Idee eines Vaters, der seinen verlorenen Sohn in einem Internetspiel sucht. Erst später realisierte McCarten, dass er bereits einen Vater und einen Sohn hatte - im Buch davor. "Superhero", so der Autor, war eine Art Geschenk in jeglicher Hinsicht. An seinem nächsten literarischen Projekt arbeite er selbstverständlich auch schon. Was den Leser erwarten wird, bleibt abzuwarten. Nach seinem Aufenthalt in Deutschland werde es wohl ein kritisch-satirischer Roman, der ausschließlich die Verspätung der Deutschen Bahn beinhalte, versicherte McCarten gegenüber der SZ.

Ein Liebeslied für die mit gebrochenem Herzen - zum neuen Buch

Dass McCarten nicht nur ein herausragendes literarisches Talent hat, bewies er während seiner Lesung von "Ganz normale Helden". Zur Verwunderung des Publikums sang und begleitete McCarten sich selbst auf der Gitarre. Ausgewählt hatte er gerade den Song, den er hinsichtlich seines neusten Romans selbst geschrieben hatte. Einen "lovesong for the broken hearted", wie McCarten mit einem verschmitzten Lächeln gestand, ein Liebeslied für die mit gebrochenem Herzen. Nachdenklich und aufmerksam, aber auch witzig und humorvoll präsentierte sich McCarten am Freitag in Bad Berleburg. Am Montag bietet sich noch einmal die Möglichkeit, einen Einblick in sein literarisches Universum zu erlangen. Unter der Regie von Matze Schmidt führt die Waggonhalle des Marburger Kulturzentrums um 19.30 Uhr im Bürgerhaus Bad Berleburg das Theaterstück "Ladies' Night" auf. Um es noch einmal mit McCartens Worten zu sagen: "Das wird endcool!"

Von Melanie Günther


Siegener Zeitung (22.10.2012)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Foto von Melanie Günther (mg)

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