Im Rahmen des Literaturpflasters gab es zum zweiten Mal etwas von Anthony McCarten.
Bad Berleburg. (vbs) Das Stück von Anthony McCarten erzählt von fünf Jungs, die sich aus der Not heraus als Stripper versuchen. Es ist ernsthaft und komisch zugleich. Der erfolgreiche aus Neuseeland stammende Literat Anthony McCarten überzeugte schon am Freitag beim Berleburger Literaturpflaster (die Siegener Zeitung berichtete). Mit "Ladies' Night", seinem ersten Bühnenstück, das er 1987 zusammen mit seinem Freund Stephen Sinclair geschrieben hat, bescherte McCarten am Montag den Berleburgern erneut einen unvergesslichen Abend. Das weibliche Publikum, mit einem Dutzend männlicher Begleiter im ausverkauften Bürgerhaus, sah nicht nur ein gutes Theaterstück, sondern zeitweise auch eine Stripper-Show. In erster Linie durfte herzhaft gelacht werden, denn die Charaktere wurden geschickt überspitzt dargestellt und lieferten erfrischend humorige Wortspielereien.
Es geht darum, sich zu zeigen - und zwar ganz
Obwohl alle Hüllen fielen, blieb das Stück auf einem guten Niveau. Letztlich ging es in der Komödie um Schwächen, Ängste und Nöte. Deutlich wurde der innere Kampf, zu sich selber zu stehen und den Mut aufzubringen, sich zu zeigen - und zwar ganz. Die arbeitslosen Freunde Harry (Uwe Fischbach) und Max (Johannes Tunyogi-Csapo) beratschlagen, wie sie aus ihrer finanziellen Misere gelangen können. Harry, cooler Machotyp, benötigt das Geld, um eine Chance bei dem Sorgerechtsstreit um seinen Sohn zu haben. Er leidet. Max hat Stress mit seiner Frau Lilli. Sein Übergewicht steht der Liebe im Weg. Da wird Harry auf eine Stripper-Show aufmerksam. Er hadert mit sich, ist dann aber doch überzeugt, nun die richtige Geschäftsidee gefunden zu haben. Er überredet Max.
Die fünf sind schon ein komischer Haufen
Gemeinsam retten sie das lebensmüde Muttersöhnchen Klaus (Karl Philipp Seitz) vor dem Strick. Der ehemalige Arbeitskollege Gerd, der zwanghaft Nähe und Sexualität vermeidet, sich lieber mit seinen 123 Gartenzwergen beschäftigt und unter dem Pantoffel seiner Ehefrau Margot steht, wird kurzerhand zum Mitmachen erpresst. Fliesenleger Steffen (Stephan Gaberdiehl) besteht den Vortanztermin und komplettiert das Quintett. Gerd (Nisse Kreysing) soll die Choreographie übernehmen, scheitert aber an seinen Hemmungen.
Stripperin Lucy hält den Männern einen Spiegel vor
Da wird die Stripperin Lucy (Dominique Macri) engagiert. Auch sie trägt eine Lebensgeschichte mit sich. Vom Vater nicht gewollt, hat sie es geschafft, dass er nun doch stolz auf sie ist. Sie ist schon einen Schritt weiter in ihrer persönlichen Entwicklung und hält den angehenden Strippern einen Spiegel vor. Als Domina lässt sie die Männer nach ihrer Peitsche tanzen. Acht Stunden täglich werden körperliche Fitness und Tanzschritte trainiert. Die Männer müssen sich anhören, wie verbissen und griesgrämig sie ausschauen und dass ihre Bäuche zu dick sind. Statt sich ständig selbst zu überschätzen, müssten sie erst einmal die Kunst des Flirten erlernen. Lucy gewährt ihnen Einblick in die Wünsche der Frauen: charmante erotische Blicke, Muskeln und langsamer Spannungsaufbau anstatt plumpes Ausziehen.
Die Stimmung kochte, als die Hüllen fielen
Doch dann holen die Ängste die liebenswürdigen Helden ein. Als kurz vor der Premiere die Scham noch einmal Oberhand gewinnt, steht das Projekt kurz vor dem Platzen. In letzter Minute stellen die Männer fest, wie wichtig Freundschaft ist, dass man einander nicht im Stich lassen sollte und es auch einen gewissen Reiz hat, aufreizend zu tanzen. "Geht raus, glaubt an euch und habt Spaß", sagt Lucy - und es wird! Die Stimmung im Berleburger Bürgerhaus kochte, als sich das Publikum schließlich den Strippern gegenübersah, die tatsächlich alle Hüllen, bis auf Strümpfe und Schuhe, fallen ließen. Dem Regisseur Matze Schmidt ist mit seinen ausgezeichneten und mutigen Schauspielern von der Waggonhalle Marburg eine vielschichtige Aufführung gelungen, die von lang anhaltendem Applaus belohnt wurde.
Von Brita von Barnekow-Schmidt