Nicht ganz so exotisch wie vermutet
Bad Berleburg. (schn) Man kann sich einem Land nicht nur literarisch nähern, sondern auch kulinarisch. So gehört es zur guten Tradition des Bad Berleburger Literaturpflasters, dass sich die Macher nicht nur um Bücher und Kunst, sondern auch um die Küche des Gastlandes kümmern. Als Rikarde Riedesel im vergangenen Jahr fragte, wer einen Spezialitätenabend für Neuseeland übernehmen möchte, brauchten Andreas Benkendorf und Silvia Köster nicht lange zu überlegen. "Ohne Neuseeland gäbe es die 'Alte Schule' in ihrer heutigen Form gar nicht", berichtete Andreas Benkendorf am Freitagabend.
In der Aula des Hotel-Restaurants saßen in dem Moment rund 60 Bad Berleburger und warteten auf den nächsten Gang ihres Vier-Gänge-Menüs, als der Hotelier von der Entstehungsgeschichte seines Hauses erzählte. Ein Bekannter, Karl-Josef Hawelka, war im Jahr 1999 nach Neuseeland ausgewandert. Als der gelernte Koch auf Familienbesuch in Deutschland war, stand auch ein Besuch in Bad Berleburg auf dem Programm.
Andreas Benkendorf und Silvia Köster wollten das Hotel mit einem Café oder Bistro ausstatten. Karl-Josef Hawelka aber überzeugte die beiden Hotelbetreiber davon, dass ein Haus mit dem gewünschten Ambiente ein richtiges Restaurant brauche. "Er hat das Konzept erarbeitet, die Küche gestaltet und ist solange geblieben, bis unser Küchenchef hier bei uns anfangen konnte. Also ohne Neuseeland gäbe es die 'Alte Schule' nicht", so Andreas Benkendorf.
Karl-Josef Hawelka war auch an der freitäglichen Speisekarte nicht ganz unbeteiligt. Das Team der "Alten Schule" fragte bei ihrem Kollegen in Neuseeland nach und bekam viele gute Tipps, was typisch neuseeländisch ist. Dazu gehört auf jeden Fall Lamm und Kumara, eine Süßkartoffel. Wer erwartet hatte, dass die neuseeländische Küche mit vielen exotischen Dingen aufwartet, der hatte sich getäuscht. Am anderen Ende der Welt kocht man gar nicht so anders als in Europa.
Die Gerichte sind stark europäisch geprägt, denn die Neuseeländer sind mehrheitlich Nachkommen britischer und europäischer Auswanderer. Dazu kommt, dass in Neuseeland ganz ähnliche klimatische Verhältnisse herrschen, wie in der alten Welt. Da wundert es wenig, dass das Dessert ein Gratin aus Kiwi und Erdbeeren war. Zur Kiwi gibt es auch eine interessante Geschichte, die die Gastgeber erzählten. Eigentlich heißt die Kiwi "Chinesische Stachelbeere", doch unter diesem Namen war das neuseeländische Exportprodukt nur schwer verkäuflich. Also kamen die Marketingstrategen darauf, die Frucht Kiwi zu nennen. Eigentlich ist Kiwi ja der Name des neuseeländischen Nationaltiers, des Kiwi. Auch die Einwohner nennen sich so und sogar die staatliche Rentenversicherung heißt "Kiwisave". In Neuseeland taucht der Name Kiwi praktisch überall auf, nicht erst seit der Frucht.
Den Anfang am Freitag machte Tintenfisch mit Chutney, Honig und Knoblauch, als zweiter Gang wurde eine Kumara-Curry-Suppe gereicht. Die Kumara ist eines der wichtigsten Lebensmittel der Maori. "Was dem Wittgensteiner die Kartoffel, ist dem Maori die Kumara", sagte Silvia Köster. Den dritten Gang bildete ein glasiertes Lammkarree mit Tamarillosoße und Kartoffel-Bohnengemüse. Das Dessert war dann das schon erwähnte Gratin. Abgerundet wurde der Abend mit Weinen aus Neuseeland. Für den musikalischen Part war das Duo "Stagelight" verantwortlich.
Von Guido Schneider