Bad Berleburg. Brasilien, in diesem Jahr erneut Ehrengast der Frankfurter Buchmesse und somit auch Gast des 20. Bad Berleburger Literaturpflasters, ist ein riesiges Land voller kultureller Vielfalt, die sich auch auf die Küche des Landes ausgewirkt hat. Die landestypische Küche gibt es nicht, dafür ist das südamerikanische Land zu multipel zusammengesetzt, erklärt Jörg Klein, Chefkoch des Hotels "Edermühle" in Erndtebrück.
Als er im Jahre 2004 von Hotelbetreiber Henning Schorge seinen Anstellungsvertrag bekam, wusste er noch nicht, was ihm in den Folgejahren blühen sollte. Jörg Klein betätigt sich seit seinem Debüt mit Südkorea im Jahr 2005 als "Literaturkoch". Für ihn sind die Ehrengäste der Buchmesse immer eine Herausforderung, denn schließlich möchte er den Teilnehmern des Kochkurses beim Literaturpflaster Schmackhaftes bieten und Kurioses über die Eigenheiten der jeweiligen Küche erzählen können.
Exotische Zutaten
"Das ist nicht immer einfach wie bei Brasilien – manche Länder sind derart kompliziert sortiert, was die Zutaten anbelangt, da muss ich alle meine Beziehungen zu Märkten spielen lassen, um an das Exotischste heranzukommen", erzählt er.
Fröhlich lächelnd und erwartungsfroh steht Jörg Klein in der Lehrküche der Berufsschule in Bad Berleburg und begrüßt seine zwölf Kochschüler. Neun Frauen und drei Männer möchten die Cuisine des südamerikanischen Landes kennenlernen. An drei Kochplätzen, die Jörg Klein mit Zutaten und Arbeitsgeräten ausgestattet hat, werden Kochlöffel, Messer und Schneebesen geschwungen. Am Anfang ein bisschen zaghaft die Neulinge in der Runde. Andere sind Wiederholungstäter. Antje Müller und Bettina Born sind erfahrene Hausfrauen und lernen doch stets Neues. Gewürze hier, Kräuter dort – was kann ich womit kombinieren, was geht gar nicht?
"Brasilien hat aufgrund der vielfältigen Wurzeln seiner Küche zweierlei Extreme", erläutert Jörg Klein. Zum einen sehr deftig, zum anderen süß, wobei der Koch hier selbst abwägen muss, inwiefern er da die Extreme nutzt. Für die mitteleuropäische Zunge sollte es gemäßigt sein. Für den Abend hat Jörg Klein daher beides ausgesucht: als Starter eine herzhafte Vorspeise, aber mild für den Gaumen: Käsebrötchen mit Quibe. Quibe wird in Brasilien Rinderhackfleisch genannt. In Brasilien, egal in welcher der Regionen, wird generell sehr fleischlastig gekocht und sehr stark gewürzt.
Eingewanderte Gewürze
Zu Anfang erstaunt es die Kursteilnehmer, dass einige Gewürze so gar nicht nach Südamerika klingen. Kein Wunder, denn Brasilien ist der Schmelztiegel des Doppel-Kontinents. Curry und Couscous sind nur zwei der "Einwanderer", die an der brasilianischen Küche beteiligt sind und ihren Fortbestand nach vielen Generationen gefunden haben.
Eintöpfe sind beinahe weltweit sehr beliebt und so hat auch der Küchenchef hier in die "Trickkiste der 1.000 Bohnensorten" gegriffen. Für die sehr beliebte Feijoada carioca werden schwarze Bohnen benötigt, nicht ganz alltäglich, doch in Brasilien sehr beliebt.
Viel Fleisch
Neben sehr viel Fleisch, ob vorher geräuchert oder auch roh, dienen hier etliche Gemüsesorten als Zutaten. Schon während der Zubereitung macht sich der Koch mit seinen Schülern einen Spaß: "Da wollen wir doch gleich die Caipirinha, die ich als Aperitif vorgesehen habe, als Einstimmung während des Kochens zu uns nehmen, vielleicht wird dann das Menü noch schmackhafter". Den alkoholischen Begleiter mussten die Kursteilnehmer natürlich auch selbst herstellen. Bei vorsichtigen Zerkleinern der Zutaten – der Profi zeigte hier reichlich Kniffe, wie Zwiebeln schnell und gleichmäßig gewürfelt werden, flossen weder Tränen noch litten die Fingerkuppen. Es war Spaß pur und alle Teilnehmer waren zum guten Schluss in bester Stimmung, um sich am gediegen gedecktem Tisch das eigene Kochwerk munden zu lassen.
Teilnehmer Steffens Beier (35), heute in Frankfurt am Main zu Hause, war eigens mit seiner Mutter aus Helberhausen angereist, um zu schauen: "Wie kocht ein Profi brasilianisch?" Er kann Erfahrungswerte mit einbringen – die Gemahlin kommt aus dem südamerikanischen Land. Und augenzwinkernd gibt er zu: "Immer, wenn ich meine Frau frage, wie viel von welcher Zutat genommen wird, bekomme ich zur Antwort "weiß ich nicht".
Von Christiane Sandkuhl