Literaturpflaster erweitert für Ausstellung
Thema Türkei nach Osten

Zwei Foto-Künstler stellen auf dem Literaturpflaster aus: Şehnaz Şeker und Oliver Hadji. Das Foto zeigt sie in einem Selbstporträt, das derzeit im Stadtmuseum Bad Berleburg hängt, und ihn in echt daneben. (SZ-Foto: Jens Gesper)

Allein die Kraft
der Bilder

Bad Berleburg. (jg) Aserbaidschan und Baku sind im ersten Stock, Anatolien und Istanbul im zweiten. Diese etwas außergewöhnliche Etagen-Erdkunde gilt seit vorgestern in der Berleburger Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Wittgenstein. Denn natürlich ist das Geldinstitut auch in diesem Jahr wieder mit einer Foto-Ausstellung auf dem Berleburger Literaturpflaster dabei.

Besonders begrüßt wurden von Vorstandsmitglied Christoph Helmschrott und Bürgermeister Bernd Fuhrmann die Einführungs-Rednerin Christiane Gehner sowie die beiden Foto-Künstler. Zum einen: Şehnaz Şeker. Wobei an den beiden S im Namen der Frau eigentlich an der Unterseite Kringel hängen, so dass die korrekte Aussprache etwa bei "Schenaz Scheker" liegt. Zum anderen: Oliver Hadji. Vorn ist einfach, hinten muss wieder ein Sch-Laut her, also: Oliver Hadschi. Sie wurde 1976 in einem anatolischen Dorf geboren und kam als Elfjährige nach Deutschland. Er wurde in Deutschland geboren, aber sein Ur-Großvater Mammad Hassan Hajinski war Innen- und Außenminister von Aserbaidschan, als es dort von 1918 bis 1920 einmal kurzfristig eine demokratische Republik gab. Zusammen verbrachten die beiden deutschen Künstler, die ein Pärchen sind, im Sommer fünf Wochen zwischen der türkischen Metropole Istanbul und der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku.

Nun mag manch einer sagen, das Literaturpflaster drehe sich doch nur um die Türkei. Aber diese kleine Erweiterung des Themas nach Osten in den Kaukasus sei erlaubt, schließlich haben die Aseris in ihrer Nationalflagge als mittleren Balken quasi die türkische Fahne mit Halbmond integriert, und ihre Sprache nennen sie gern Aserbaidschan-Türkisch, deshalb kam das Pärchen mit den Türkisch-Kenntnissen von Sehnaz Seker auch sehr gut durch in Aserbaidschan.

Das Besondere der Fotografien machte Christiane Gehner, lange in der Bild-Redaktion des "Spiegel" tätig und mit Schwarzenauer Wurzeln ausgestattet, auch an einem Foto aus Aserbaidschan deutlich: "Viele junge Fotografen verzichten auf das schnelle Krisenbild, so wie Oliver Hadji auf das spektakuläre Bild, welches an der Grenze nach Georgien zwei Tage nach Ausbruch des Krieges um die abtrünnigen Republiken zu machen gewesen wäre. Stattdessen fällt ihm Widersprüchliches auf." Es gehe beiden nicht um das gängige Bild des einen entscheidenden Moments, vielmehr gehe es darum, ein langsames Sehen und Hinterfragen von fotografischen Bildern zu ermöglichen. Bis zum Weltspartag kann sich jeder selbst während der Öffnungszeiten in der Sparkasse ein Bild davon machen, ob die Einschätzung stimmt. Wobei man sich manchmal ein wenig verloren fühlt, weil die Künstler auf die Kraft ihrer Bilder vertrauend bewusst auf textliche Erläuterungen verzichtet haben. 

Damit allerdings nicht genug, denn sogar bis Sonntag, 2. November, gibt es eine zweite Literaturpflaster-Foto-Ausstellung in Bad Berleburg. Hier wird Şehnaz Şekers Diplomarbeit "Ein Portrait zwischen gestern und heute" gezeigt, mit aussagekräftigen und beredten Porträt-Aufnahmen aus der Türkei. So dass die geographische Wegweisung vom Anfang ergänzt werden muss. Türkei ist auch noch im Stadtmuseum am Goetheplatz.


Siegener Zeitung (04.10.2008)
SZ-Foto: Jens Gesper (jg)

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