Privatdetektivin Kati Hirschel
hat viele Berleburger Fans
Bad Berleburg. (cw) Beinahe hätten die Sitzplätze im geräumigen Saal der Bad Berleburger Schlossschänke nicht ausgereicht, denn gleich in Scharen drängten sich die Menschen, um die türkische Krimiautorin Esmahan Aykol dort erleben zu können.
Grazilen Schrittes bewegte sich die braungelockte, große Frau auf das Lesepodium zu, um mit einem sportlichen Satz auf ihrem Stuhl Platz zu nehmen und vor den 80 auf sie konzentrierten Zuhörern das Leben und Sterben des Mordopfers Sani Ankarahgil, die die Scheidung von ihrem Mann Cem eingereicht hat, und der Hobbydetektivin Kati Hirschel in ihrem dritten Kati-Hirschel-Roman "Scheidung auf Türkisch" auszubreiten.
Die 38-jährige Esmahan Aykol ist keinesfalls das, was man als gelernte Literatin bezeichnen kann. Von Hause aus ist sie Juristin, denn ihre Eltern waren der Überzeugung, dass ein Mensch etwas Ordentliches lernen muss. Doch nur zwei Monate hielt sie es in diesem Job, dann gab sie ihrem seit ihrer frühen Kindheit bestehenden Trieb nach und begann zu schreiben, wie sollte es anders sein als Juristin: Krimis.
Mit einer großen Portion Autobiografie reicherte sie ihre Romane an, daraus macht die sympathische Erzählerin keinen Hehl. "Während meines Studiums habe ich den Gründer der juristischen Fakultäten in Ankara und Istanbul, Ernst Hirsch, kennengelernt. Sein Name und seine jüdische Herkunft haben mich gereizt, da etwas Interessantes raus zu schaffen", gibt Esmahan Aykol zu. Ernst Hirsch lebte vor und während des Dritten Reiches in der Türkei im Asyl und baute dort ein erfolgreiches Leben auf. So entstand der Name Kati Hirschel, die in Istanbul eine Krimibuchhandlung betreibt und eines Tages mit ihrem Mitarbeiter Fofo auf einem Foto die Schwiegertochter der reichsten und einflussreichsten türkischen Familie Ankarahgil wiedererkennt. Entsetzt darüber, dass die junge Frau, die der Familie aufgrund ihres Engagements für den Naturschutz immer ein Dorn im Auge war, unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen ist, macht sich Kati nach Miss-Marple-Manier auf die Suche nach Sanis Mörder. Und Fofo hat sie dabei stets im Schlepptau, à la Mr. Stringer. Die Ich-erzählende Kati ist sportlich, emanzipiert, gescheit, ironisch und liebt das Schrille, hat eine ausgeprägte Vorliebe für das Ändern der Haarfarbe und beschreibt ihre laute, chaotische Wahlheimat Istanbul äußerst detailliert.
Den Mord an der jungen Umwelt-Vereinsvorsitzenden Sani bezeichnet sie als exemplarisch für junge Türkinnen, ihre Kritik richtet sich im Verlauf knallhart gegen die Reichen und schließlich auch gegen die Frauen in der Türkei, die sich immer noch unterbuttern lassen und das Schicksal der Ablehnung durch die Gesellschaft erfahren, sobald sich ein Fünkchen Emanzipation in ihnen regt.
Esmahan Aykol lebt seit neun Jahren in Berlin und schreibt dort in ihrer Muttersprache. Schon ihr erster Krimi, außerhalb der Kati-Hirschel-Reihe, "Goodbye Istanbul" wurde zum Bestseller. Aykol macht ein Kompliment an die deutschen Leser, denn hier verkauft sie zehnmal so viele Exemplare wie in der Türkei. Im Schnitt nennt sie etwa 100 000 Bücher für die beiden ersten Kati-Hirschel-Abenteuer "Bakschisch" und "Hotel Bosporus". Und der Krimifan kann sich freuen, denn Kati Hirschel ermittelt weiter.
Ab Ende November wird Esmahan Aykol, deren Vorname auf Türkisch "Prinzessin des Himmels" bedeutet, in Istanbul einige Monate verbringen. Sie teilt ihre Lebensräume in zwei Kategorien: "In Berlin arbeite ich, in Istanbul lebe ich", verrät sie dem begeisterten Publikum mit einem verschmitzten Lächeln. Dann wird sie dort für Fortsetzungen wieder reichlich Material sammeln.
Von Christiane Weinhold