»Ich esse immer ausländisch im Ausland«

Mit Orangensirup-Spritzkuchen, Roter Linsensuppe und selbstgemachtem Fladenbrot sowie Lammrücken an Spitzkohl, Zucchinipuffern und Kichererbsenpüree beglückte Jörg Klein seinen Kurs. (SZ-Foto: Jens Gesper)

Aber auf dem Literaturpflaster wird auch im Inland ausländisch gekocht: In der Küche ist uns die Türkei gleichermaßen fremd und bekannt

Gleich die erste Veranstaltung des Literaturpflasters war ausgebucht. Zwölf Freizeit-Köche zauberten am Dienstagabend in der Berleburger Berufsschule mit dem Profi Jörg Klein ein türkisches Drei-Gänge-Menü.

Bad Berleburg. (jg) Rote Linsensuppe mit selbstgemachtem Fladenbrot, Lammrücken mit Spitzkohl, Zucchinipuffer und Kichererbsenpüree sowie türkischer Spritzkuchen mit Orangensirup – all das hatten die Teilnehmer des Kochkurses »Türkei« der Kreisvolkshochschule zubereitet und gegessen. Um 22 Uhr waren sie nicht knüppelrund satt, sondern auch sehr angetan von dem, was die türkische Küche zu bieten hat. Dabei waren es nicht nur Wittgensteiner, die ihren Weg nach Bad Berleburg gefunden hatten, sondern auch diverse Siegerländer. Karl Heinz Sarges und sein Sohn Torsten aus Büschergrund etwa. Sie hatten schon vor zwei Jahren indisch auf dem Literaturpflaster gekocht: Und den Hauptgang von damals hätten sie auch danach zuhause zubereitet, so die beiden. Nicht umsonst ergänzte der Vater den Zutaten-Zettel, den Jörg Klein ausgeteilt hatte, noch um eine eigene Din-A4-Blätter, auf denen die genaue Vorgehensweise der Zubereitung genau festgehalten wurde. Außerdem hatte Jörg Klein als Kursleiter – und Küchenchef der Erndtebrücker Edermühle – auch stets allgemein gültige Tipps und Tricks für den Alltag in der Küche. Eine andere Siegerländerin im Kurs war Sieglinde Münker aus Müsen. Sie hatten ihren ersten VHS-Kochkurs im Mai besucht, da sei es um Essen aus Neuseeland und Australien gegangen. Den habe sie besucht, weil ihre Tochter in Neuseeland lebe. Und das Ganze habe ihr solchen Spaß gemacht, dass sie im vergangenen Monat dann bei den italienischen Fischgerichten und Meeresfrüchten gewesen sei. Und jetzt eben bei der Türkei. Auch die Berleburgerin Annedor Wilson freute sich über den speziellen Kochkurs, der über den deutschen Tellerrand hinausblickte. Auch im Hinblick auf eigene Urlaubsreisen: »Ich esse immer ausländisch im Ausland.« Wenn sie im Ausland sei, probiere sie stets die dortige Küche. Beim Literaturpflaster-Menü gefiel ihr, dass man sehen könne, dass türkische Küche viel mehr sei als Döner und türkische Pizza.

Wichtige Aufgabe gleich am Anfang: Suchen Sie Paprika und Rosenpaprika – und verwechseln Sie die beiden möglichst nie. (SZ-Foto: Jens Gesper)

Jörg Klein hatte ebenfalls schon nach kurzer Beschäftigung mit dem diesjährigen Literaturpflaster-Land eine Zuneigung zur dortigen Küche entwickelt, vor allem weil die Türken viel Gemüse verwendeten. Und schöne einfache Gewürze, wobei der Küchenchef gleich zu Beginn mahnte man solle Paprika und das sehr viel intensivere Rosenpaprika tunlichst nicht verwechseln. Alle Zutaten hatte er in vier perfekt und gleich eingerichtete Küchenzeilen drapiert. Seit 2005 ist der Erndtebrücker dabei. Das heißt: Er hat auch schon Korea, Indien und Katalonien köchelnd und kulinarisch vorgestellt. Im direkten Vergleich machte der Fachmann deutlich, dass die türkische Küche bei aller unbestrittenen Exotik uns eigentlich nicht so fremd sei. Für Korea und Indien habe er jedes der asiatischen Rezepte zur Vorsicht vorher ausprobiert. Als er sich die türkischen Rezepte angeschaut habe, da habe er sich gleich vorstellen können, dass diese funktionierten – und schmeckten.

Und eine Zutat dürfte natürlich nicht fehlen, wenn es um die türkische Küche gehen sollte: Knoblauchzehen. Jörg Klein stellte den vielen Köchen, die in perfektem Teamwork allesamt nicht den Brei verdarben, frei, wieviel Knoblauch sie nehmen wollten. Die Berghäuserin Bärbel Weber sagte, was die meisten ihrer unerschrockenen Kollegen dachten: »Wir nehmen zwei, wenn schon, denn schon!«

Auch dass dieser locker-flockige Ton herrscht, macht die Veranstaltung in jedem Jahr zu etwas Außergewöhnlichem. Das liegt aber auch an dem Tonfall des Kursleiters, der sich diesmal doch ein wenig darüber ärgerte, dass insbesondere die Frauen im Kurs immer wieder den Backofen öffneten, um zu sehen, was das Fladenbrot macht. Schließlich gab es vom Küchenchef den Hinweis, man möge zum Fenster hineinschauen: »Deshalb hat der Backofen eine Glasscheibe!«

Das Fladenbrot mache er übrigens auch für die Edermühle desöfteren selbst, das komme in unseren Breiten sehr gut an. Die Rote Linsensuppe könne mit Sicherheit auch hierzulande auf jeder Speisekarte stehen und fände ihre Abnehmer. Lediglich die türkischen Nachspeisen seien für unseren Geschmack gewöhnungsbedürftig, weil zu süß. So werde er für den türkischen Literaturpflaster-Spezialitätenabend im Schloss eine Torte backen, für die er drei oder vier Kilogramm Zucker brauche. Wer jetzt denkt, dass wär' doch 'was für mich, der hat Pech gehabt. Denn die Plätze für den türkischen Abend im Schloss sind schon restlos ausgebucht.

Nein, das ist nicht der VHS-Aschenputtel-Kurs mit der Aufgabenstellung 'Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen'. Vielmehr handelt es sich um Literaturpflaster-Köchinnen, die an dem Abend alles schön fanden – außer dem Kichererbsen-Pulen. (SZ-Foto: Jens Gesper)
Ausgebucht war gleich die erste Veranstaltung auf dem Berleburger Literaturpflaster 'Türkei'. Unter den Teilnehmern waren einige alte Recken, die sich auch schon in anderen Jahren dem Buchmessen-Gastland in der Schürze genähert hatten. (SZ-Foto: Jens Gesper)

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Siegener Zeitung (18.09.2008)
SZ-Fotos (4): Jens Gesper (jg)

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