Auf der Spur der Vorfahren
Bad Berleburg. (cw) Mit seiner Begrüßung zur Fotovernissage "Von Istanbul nach Baku" und "Ein Portrait zwischen gestern und heute" gab das Vorstandsmitglied der Sparkasse Wittgenstein, Christoph Helmschrott, als neuer Hausherr sein Debüt. Er richtete dabei von vornherein das zentrale Augenmerk auf die Künstler weg von seinem eigenen Wort mit dem bedeutungsvollen türkischen Sprichwort: "Gib ihm fünf Geldstücke damit er redet, aber gib ihm zehn damit er schweigt."
Zwei junge Fotografen mit Migrationshintergrund, aus den benachbarten Staaten Türkei und Aserbaidschan stammend, gaben sich nun im Rahmen des 15. Bad Berleburger Literaturpflasters während der Vernissage zu ihren parallel laufenden Fotoausstellungen in den Räumen der Sparkasse Wittgenstein und im Museum der Stadt Bad Berleburg die Ehre.
Şehnaz Şeker (*1976) wurde in Anatolien geboren und kam mit elf Jahren nach Deutschland. Ihr Lebenspartner Oliver Hadji kam in Hagen zur Welt und weist in seinem Stammbaum auf seinen Urgroßvater Mehmet Hassan Hadjinski hin, der in Aserbaidschan einst wichtigster Demokrat war und als Innen-, wie auch als Außenminister des Staates Dinge in Gang gesetzt hat, die bis heute Bestand haben.
Das Künstlerpaar begab sich im Sommer 2008 auf eine fünfwöchige Reise durch die Länder ihrer Vorfahren. Dabei entstanden getrennt voneinander Fotoarbeiten der unterschiedlichsten Couleur und Bearbeitungsweisen. Christiane Gehner, ehemalige Bildredakteurin des "Spiegel" deutete mit ihrer Vorstellung des Paares auf den bewussten Verzicht des Dogmas des "decisive moment" in den Fotos hin. Die bildlich präsentierten Staaten, die auch sprachlich eng miteinander verbunden sind, werden hier durch zurückgenommene Darstellung von Şehnaz Şeker offeriert. In ihrer Dreiteilung der Themen "Migranten", das im Museum der Stadt vorgestellt wird, den Fotos aus ihrem anatolischen Heimatdorf und dem türkischen Ferienort Cannakale verliert sich die junge Frau in Tagträumen, die vom Betrachter ein langsames Sehen und Hinterfragen erfordern. Der gewollte Verzicht auf Untertitelung der Fotos liegt dabei auf der Hand.
Oliver Hadji bewegt sich völlig unspektakulär mit seiner Kamera durch Aserbaidschan. Einen Tag vor Beginn des Krieges zwischen Russland und Georgien befand sich der Fotograf nichtsahnend am Rande der Krisenregion und hielt die grenzschützenden Bauaktivitäten zwischen Aserbaidschan und der Türkei sehr subjektiv fest. Die chaosähnlichen Zustände sprechen daher auf den Bildern für sich.
Mit weiblichem Auge erblickte sich Şehnaz Şeker, die sich selbst als Wanderin zwischen den Kulturen sieht, ihre Motive. "Migranten" formen eine eigene Ausstellung mit eigenem Format im Museum am Goetheplatz. Şeker wählte die quadratische Fotogestaltung zur Darstellung ihrer Migranten, die zu einem Großteil Bilder von Künstlerinnen des Frauenkunstforums aus Bielefeld charakterisieren, sowie eindrucksvolle Abbildungen von in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund.
Die Ausstellungen beider Künstler sind sowohl in den Räumlichkeiten der Sparkasse Wittgenstein als auch im Museum der Stadt Bad Berleburg bis einschließlich zum 2. November zu sehen.