Auf den Spuren des Paulus durch die Türkei gereist
Ulf Lückels Vortrag musste wegen des großen Interesses ins Museum verlegt werden
Bad Berleburg. (cw) Flexibilität bewiesen am Mittwochabend nicht nur die Veranstaltergemeinschaft des 15. Berleburger Literaturpflasters, sondern auch die rund 70 Besucher des religionshistorischen Vortrages "Ex oriente lux - Auf den Spuren des Paulus" des Marburger Pfarrers Ulf Lückel.
War der Vortrag im Versammlungsraum des Kirchenkreises Wittgenstein an der Schlossstraße geplant, so musste kurzerhand in die Räume des Museums am Goetheplatz umgezogen werden, da mit einem derart großen Ansturm niemand gerechnet hatte.
Nahtlos startete dann der 42-jährige gebürtige Girkhäuser Ulf Lückel die geschichtlichen Betrachtungen seiner zahlreichen Forschungsreisen durch die Türkei. Er wandelte auf Wegen abseits der touristischen Hochburgen. Die biblischen Spuren in der Türkei sind immens, und so bezog sich Ulf Lückel in seinen Ausführungen ausschließlich auf Hinweise aus dem Neuen Testament. Ausgehend vom historischen Attalia, dem heutigen Antalya, bewegte sich der Pfarrer mit Blick auf die Inhalte der Apostelgeschichte durch damals noch sehr heidnisches Gebiet in die Osttürkei. Dort begegneten die Zuhörer Paulus, dem ersten und wichtigsten Theologen, sowie dem erfolgreichsten Missionar der Christenheit.
Ulf Lückel erwähnte immer wieder die Attraktion, die die Wirkungsstätten des Paulus auf die heutige Christenheit besitzen. Besonderes Augenmerk verdiente die Gemeindegründungsphase rund um Ephesus. Heute findet man in der Ruinenlandschaft eine Vielzahl an Reliquien, beispielsweise das Baptisterium, ein Becken zur Ganzkörpertaufe, oder die Marienkapelle, die von indischen Benediktinernonnen unter strenger Aufsicht des türkischen Militärs betreut wird.
Die Offenbarungen des Johannes geben Zeugnis über die Endzeitgemeinde Laodizea, wo die Parosie (Wiederkunft Christi) erwartet wird und stellt die Gemeinde Philadelphia als Vorzeigegemeinde der Christianisierung in der Türkei dar. Bis 1390 konnte sich der Ort gegen die Islamisierung zur Wehr setzen. Während der Eroberung des Gebietes der heutigen Türkei durch die Osmanen ging dankenswerterweise kaum christliches Kulturgut verloren. Die verschonten Höhlenkirchen in Kappadokien dienten später verfolgten Christengemeinschaften als Zufluchtsstätten.
Ein Blick in die Statistik zeigt, dass mit der Islamisierung der Einfluss christlicher Kirchen sehr gering geworden ist. Im gesamten Land werden aktuell etwa 90.000 Moscheen gezählt, die größte und imposanteste ist die Hagia Sophia (erbaut 532 bis 537) in Istanbul, einst als christliche Versammlungsstätte gedacht. Kaiser Konstantin legte 330 den christlichen Grundstein für den 16 Millionen Menschen zählenden Kulturschmelztiegel auf zwei Kontinenten, der den ursprünglichen Namen "Nova Roma" erhalten sollte, da Istanbul wie das italienische Pendant Rom auf sieben Hügeln ruht.
Ulf Lückel beschrieb zum Ausklang seiner informativen Ausarbeitungen die teils recht weitreichenden Diskriminierungen, die mit dem Verbot der christlichen Studienausbildung in dem islamischen Land einhergehen und wies mit Bedauern auf jüngste Morde an Priestern und Geistlichen hin. Die Zahlen belegen die Schwierigkeiten abweichend vom muslimischen Gedankengut lebender Menschen. Gibt es 99 Prozent Mohammedaner, stehen dem 22.000 Juden und 200.000 Christen gegenüber - in einem Land mit 70 Millionen Menschen.
Von Christiane Weinhold