Ulf Lückel machte sich auf eine
christliche Spurensuche in der Türkei
Mit Paulus aufs Literaturpflaster
Rund 80 Zuschauer sprengten die Kapazitäten des ersten Veranstaltungsortes, so dass ein Umzug nötig wurde.
Bad Berleburg. (jg) "Und sie zogen durch Pisidien und kamen nach Pamphylien und sagten das Wort in Perge und zogen hinab nach Attalia." So steht es in der biblischen Apostelgeschichte. So richtig sagen einem die Orte vielleicht nichts, das ändert sich schlagartig, wenn man weiß, dass Attalia heutzutage Antalya heißt. Das konnte man vorgestern von Ulf Lückel lernen. Der aus Girkhausen stammende Heimathistoriker hat schon in unzähligen Vorträgen insbesondere interessante Schlaglichter auf die Wittgensteiner Geschichte geworfen. Dass er jetzt in die Ferne schweifte, lag am Literaturpflaster. Das widmet sich diesmal der Türkei, und so folgte der Marburger Kirchenhistoriker den Fußstapfen von Paulus und suchte biblische Spuren in der Türkei.
Erstmal hinterließ jedoch die Vortragsgesellschaft selbst Spuren, denn sie musste wandern. Der ursprünglich angedachte Vortragsraum beim Kirchenkreis Wittgenstein war viel zu klein, so wechselte man ins benachbarte Heimathaus. Ruckzuck waren die Stühle für die 70 Leute herbeigeschafft, wobei auch hier noch mal rund ein Dutzend Zuhörer nachkam. Also mehr als ausverkauftes Haus beim Heimspiel von Ulf Lückel.
"Ex oriente lux", aus dem Osten kommt das Licht – so der Titel des Heimspiels, für das ansonsten definitiv keine Latein-Kenntnisse vonnöten waren. Der Referent war selbst schon mehrfach mit Gruppen in der Türkei auf eben jenen Paulus-Spuren unterwegs gewesen, so dass er diesen Teil der Welt ganz klar einordnen konnte, "weil Kleinasien für mich zum Heiligen Land gehört, obwohl es nicht diesseits und jenseits des Jordans liegt". Noch etwas machte Ulf Lückel gleich zu Beginn klar: "Wir wissen auch, dass dieses Gebiet der ersten Missionsreise von Paulus und Barnabas keine echten, handgreiflichen Spuren von ihnen hinterlassen hat, aber wir können doch ein wenig auf Pilgerreise gehen, auf biblische Spurenreise, dass der Ablauf dieser biblischen Reise von damals, durch Milieu und Atmosphäre der Landschaft noch zu uns sprechen kann."
Und tatsächlich sprach anschließend viel zu den Besuchern: Ulf Lückels zahlreiche Bilder mit dem blauesten Himmel und beeindruckenden geschichtlichen Hinterlassenschaften, seine Ausführungen und immer wieder auch die passend zitierten Bibelstellen. Dabei besuchten die Berleburger Vortrags-Pilger Istanbul, Perge, Myra, das heute Demre heißt, Dalyan, Ephesos, die Celsus-Bibliothek, die Siebenschläfer-Höhlen, Pamukkale, Pergamon, Kappadokien im Allgemeinen und Göreme im Speziellen. "Ich glaube, diese Wandmalereien sprechen für sich selbst", kommentierte er seine wunderschönen, mit dem Beamer gezeigten Fotos. Bei alledem war der Experte in erster Linie begeisterte von dem Land und seinen Schätzen: "Wer römische Architektur sehen will, sollte in die Türkei gehen."
Er sah aber auch Defizite: "Ein bisschen mehr Denkmalschutz wünschte man sich schon." Und er fand weitere glasklare Worte der Kritik, wegen der fehlende Rechte der Christen etwa. Am Ende zog er ein differenziertes Fazit, bei dem das Gute überwog: "Es bleibt zu konstatieren, dass die Türkei ein Gebiet ist, das viele Wurzeln der Christenheit und des Judentums aufzuweisen hat. Ich denke, es ist ein sichereres Reisegebiet als Palästina und Israel, dennoch ist es in einigen Regionen der Türkei gefährlich, den biblischen Spuren nachzugehen."
Am Ende war auch dieser Vortrag ein weiteres Puzzleteil in einem äußerst facettenreichen Bild von der Türkei. Schon kurz vor Ende der Veranstaltungsreihe kann man sagen, dass diese ein voller Erfolg ist. Nur schade, dass keine Wittgensteiner Türken zu den vielfältigen Veranstaltungen kommen. Bei Ulf Lückels Vortrag war es zudem schade, dass keine Wittgensteiner Pfarrer und niemand vom heimischen Kirchenkreis sich mit auf die Spuren von Paulus begeben wollte.
Lob fürs Pflaster
Schon bei ihrer Lesung vor einer Woche hatte Hatice Akyün angekündigt, dass sie über ihren Berleburg-Aufenthalt in ihrem Blog "Mein Deutschland" – bequem erreichbar über die Internet-Homepage "www.akyuen.de" – schreiben werde. Und jetzt ist es passiert, offensichtlich hat der Aufenthalt Eindruck hinterlassen. O-Ton Akyün: "Gelesen habe ich im Sanitätshaus Kienzle, das somit ab sofort die Liste meiner ungewöhnlichsten Leseorte anführt." Dazu gehören sonst noch Kochküche, Keller, Kirche, Moschee, U-Bahn-Station. Weiter: "Und ab sofort führt Bad Berleburg auch die Liste meiner ungewöhnlichsten Gastgeschenke an." Damit meinte die 39-Jährige ihren Literaturpflasterstein, den sie "von der wunderbaren Frau Riedesel, die mit ihrer Gastfreundschaft fast hätte türkisch sein können", bekommen habe. Auch für die Zuhörer gabs Lob: "Die Bad Berleburger sind ein fröhliches Volk. Es gibt für einen Autor nichts Schöneres als ein wohlwollendes und mitgehendes Publikum." Der Literaturpflasterstein stehe nun neben richtigem Stahl und einem Stück echter Kohle: "Abschiedsgeschenke von einem lieben Freund", als sie das Ruhrgebiet verlassen habe.
Von Jens Gesper