Ayu Utami beeindruckte beim Bad Berleburger Literaturpflaster

Unerschrocken und mutig

Otto Marburger, Ayu Utami und Übersetzer Dr. Peter Sternagel (v. l.) sorgten für einen weiteren überaus spannenden Literaturpflaster-Abend im Bad Berleburger Sanitätshaus Kienzle. (SZ-Foto: Franziska Henk)

Bad Berleburg. (fhe) Indonesien hat eines der blutigsten antikommunistischen Massaker in der Geschichte des 20. Jahrhunderts erlebt. Aufgearbeitet ist dieser dunkle Teil der Geschichte aber noch lange nicht. Als Vorreiterin – wohl nicht nur im schriftstellerischen Bereich – wurde die Journalistin und Buchautorin Ayu Utami mit ihrem Roman "Saman" gefeiert.

Ihr Debütroman brach gleich mehrere Tabus in Indonesien und sollte der Schöpferin dieses revolutionären Romans großen Bekanntheitsgrad verschaffen. Zu Besuch in Bad Berleburg war diese faszinierende Frau am Freitagabend, um auch das hiesige Literaturpflaster mit ihren Werken als auch ihrer Persönlichkeit zu bereichern. "Larung" heißt der Fortsetzungsroman ihres bahnbrechenden Debüts und ist jetzt auch in deutscher Sprache erschienen. Um dennoch sprachlichen Kommunikationsproblemen aus dem Wege zu gehen, vollbrachte Ayu Utamis deutscher Übersetzer Dr. Peter Sternagel ein kleines sprachliches Meisterwerk, indem er zwischen drei Sprachen hin und her wechselte.

Sternagel, der selbst einige Jahre lang in Indonesien gelebt hat, übernahm am Abend die Moderation und klärte nebenbei auch über einige politische, geschichtliche und kulturelle Details auf. Die Lesung aus "Larung" übernahm hingegen Otto Marburger, der am selben Tag auch schon die Frankfurter Buchmesse besucht hatte und sich nun wohl auf einen indonesischen Abend im weitaus kleineren, aber sicherlich auch im persönlicheren Kreis mit Autorin Ayu Utami gefreut haben dürfte. Nach dem Erstlingswerk "Saman", das 1998, noch einige Wochen vor dem erzwungenen Rücktritt General Suhartos in Indonesien erschien, war es 2001 dann für dessen Nachfolger "Larung" an der Zeit. Im Buch ist das Inselarchipel zum ersten Mal wieder mit der Demokratie konfrontiert, die die Indonesier selbst mit in die Hand nehmen mussten. Nach den verheerenden Gewaltexzessen unter Suharto ist das Land aber lange noch nicht befreit. "Larung" ist eine Aufarbeitung des Traumas der Jahre 1965/66, als Hunderttausende von Kommunisten und vermeintlicher Sympathisanten Opfer willkürlicher Verfolgungen wurden, sowie die Unruhen in Jakarta 1998, die schließlich zum Ende des Suharto-Regimes führten.

Verflochten sind darin auch die Lebensläufe von vier selbstbewussten Frauen, die der Leser – neben anderen Charakteren – bereits aus dem Roman "Saman" kennt. Einige Ausschnitte des ambivalenten Romans sollten dann auch den Gästen vorgestellt werden – dieses Mal übrigens im Sanitätshaus Kienzle an der Sählingstraße. Dass dieser Roman nicht nur die Politik und Geschichte Indonesiens thematisiert, wird beim Lesen schnell deutlich. Vielmehr berührt er auch ganz andere Lebensbereiche: Er spricht über Religion, Liebe, Kultur und Spiritualität, nimmt nie ein Blatt vor den Mund – und bleibt dennoch unterhaltsam und fesselnd, wenngleich der Einstieg den Leser mit vielen Szenensprüngen auch fordert.

Unerschrocken, tabubrechend, mutig – mit diesen und vielen anderen starken Adjektiven ist Ayu Utami schon beschrieben worden und all diese Begriffe treffen auch auf sie zu.

Von Franziska Henk


Siegener Zeitung (19.10.2015)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Foto von Franziska Henk (fhe)

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