Bad Berleburg. Zwischen Badezimmereinrichtung, Schrauben, Lacken und Fußbodenbelägen im Baufachmarkt Rompel las und erzählte es sich für den indonesischen Schriftsteller Andrea Hirata ausgezeichnet. Nicht weil er ein Mann ist – übrigens der einzige unter den zum 22. Literaturpflaster angereisten Schriftstellern, Essayisten und Journalisten. Der fröhlich in die Runde blickende Autor kam natürlich nicht allein. Auch bei dieser Lesung, wie bei der Veranstaltung mit Ayu Utami, begleitete der deutsche Übersetzer Dr. Peter Sternagel die Buchpräsentation. Die deutsche Stimme an diesem Abend gehört Christoph Haupt (Veranstaltergemeinschaft).
Andrea Hirata kam am letzten Öffnungstag der Buchmesse direkt aus Frankfurt ins Wittgensteiner Land. Stadtarchivarin Rikarde Riedesel weiß mit Stolz: mit dem verschmitzt wirkenden Mann kam einer der ganz großen und auch bekanntesten Autoren im inselreichen Staat zwischen indischem Ozean und Pazifik nach Berleburg. Seine Bücher "Regenbogentruppe" und "Der Träumer" wurden insgesamt in 34 Sprachen übersetzt und beide wurden in seiner Heimat verfilmt.
"Sie sollten immer lächeln,
das macht vieles auf unserem Globus einfacher."
Andrea Hirata, Autor
Autor aus armen Verhältnissen Wie das alles geschah und welchen Werdegang Andrea Hirata nahm erklärte Dr. Peter Sternagel explizit. Er war sieben Jahre lang Leiter des Goethe-Institutes von Jakarta und lebte neun Jahre auf der Insel Belitung, der Heimat Andrea Hiratas. Ein Mann, der sich in Indonesien, bei den Eigenarten und Vorlieben des Volkes wie in seiner eigenen Westentasche auskennt und auch die Amtssprache Bahasa Indonesia beinahe wie ein "Eingeborener" beherrscht.
Andrea Hirata kommt aus sehr einfachen Verhältnissen, von einer Insel, wo Menschen sehr arm sind und wo die größten Zinnvorkommen der Welt liegen. Aus diesem schlichten Umfeld schaffte es der 48-Jährige eine beneidenswerte, großartige Hochschulkarriere hinzulegen. Zunächst besuchte Hirata die Grundschule seines Dorfes, gelangte nach Bestehen der Hochschulreife nach Jakarta und erarbeitete sich ein Stipendium an der Pariser Sorbonne. Von dort führte ihn der Universitätsweg ins englische Sheffield an die Hallam University, die er mit dem Master in Telekommunikation abschloss. Später nahm er am International Writing Programme der Universität Iowa teil.
Zeit seines Lebens nahm sich Hirata vor, seine Liebe zur Heimat, ganz speziell zu seiner Grundschulzeit und der einstigen Lehrerin einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Bereits als Jugendlicher entschied er: "Ich werde irgendwann ein Buch über diese Frau schreiben, die schon mit 15 Jahren eine Bande von 10 Kindern auf bewundernswert wissende Art unterrichtet hat. Und nun sind es eigentlich zwei Bücher geworden, die das Thema aufgreifen," freut er sich in die Runde. "Regenbogentruppe" ist eher als ein Märchen mit sehr vielen fiktiven Momenten zu verstehen, "Der Träumer" hingegen projiziert die authentische Lebensgeschichte, die streckenweise in eine humoristische Beichte des Ich-Erzählers Ikal mündet. Ikal ist Andrea Hirata. Durch die Lebensnähe, das Original vorm Publikum lassen sich alle Streiche, Ereignisse und Anekdotenaus Hiratas Jugend biografisch nachvollziehen. "Das ist ein sehr glücklich machendes Buch, bitte lächeln Sie. Sie sollten immer lächeln, das macht vieles auf unserem Globus einfacher."
Massaker, Machtgier, Verfolgung
Hirata weiß, wovon er spricht. Katastrophen, Massaker, Verfolgung und Machtgier haben das Land geprägt, seine Menschen aber nie völlig verzweifeln lassen. Sie fanden immer einen Weg, wieder auf die Beine zu kommen und das zeigt er mit seinen Romanen. Erziehung und Bildung ist das wichtigste Thema für ihn und baut es auf wunderbare Weise in seine Geschichten ein. Die Lacher hat er dann tatsächlich immer auf seiner Seite. Sowohl die indonesische Erzählversion, als auch die auf deutsch gelesene Übersetzung offenbarte sich als wahres Schmankerl. Seine Beschreibungen lassen alle Entbehrungen des Volkes vergessen. Mit Zuneigung zu den Menschen gelingen ihm Werke, die in Eloquenz und Lebensfreude ihren starken Ausdruck finden. Kein Wunder also, dass er ein Millionenpublikum erreicht, 2013 den Literaturpreis der Internationalen Tourismusbörse erhielt und stets mit gutem Mut auf Erfolgskurs ist. 2004 packte er nach dem verheerenden Tsunami selbst kräftig mit an und machte sich beim Wiederaufbau nützlich. Der Erfolg, den er allein schon mit seiner Lebensanschauung hat – ein Aufgeben in schwierigen Lebenslagen gibt es nicht – gibt ihm Recht. Für die Authentizität und Lebendigkeit in seinen Worten ernten er und seine Mitstreiter an den Mikrofonen brausenden Applaus.
Von Christiane Sandkuhl
Werke von Hirata in 34 Sprachen übersetzt
Andrea Hirata wurde am 24. Oktober 1967 auf Belitung (Ostsumatra) geboren.
Seine Werke wurden in 34 Sprachen übersetzt. Auf Deutsch erschienen "Regenbogentruppe" und "Der Träumer".
Vier Romane sind in Indonesien erschienen. "Die Regenbogentruppe" kam in Singapur als Musical auf die Bühne.
In Deutschland war Hirata schon bei der litCologne und der Leipziger Buchmesse zu Gast.