Fesselndes Bild menschlicher Abgründe
Teresa Solana las aus "Mord auf katalanisch"
Bad Berleburg. (sk) Humorvoll, kreativ und zumindest so spannend, dass sich die Nackenhärchen lachend kräuseln. Diese Beschreibung trifft in etwa den letzten im Zuge des Bad Berleburger Literaturpflasters vorgestellten Roman "Mord auf katalanisch" von Teresa Solana.
Passend zum Kriminalroman fand die Lesung in der Polizeiwache in Bad Berleburg statt. Neben der kriminalistischen und humorvollen Komponente beherbergt der Roman aber auch eine (wenn auch unter einer ironisch-lasziven Fassade geschickt verborgen) ernste Sozial- und Gesellschaftskritik an den Verhältnissen in Katalonien, dem Gefälle zwischen Arm und Reich und der so genannten "High Society", in die die beiden Protagonisten einbrechen.
Die Zwillingsbrüder Pep und Eduard, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, schaffen es mit einer unerlaubt großen Portion Dreistigkeit, Glück und Geschick, den spektakulären Mordfall an der Gattin eines hochrangigen katalanischen Politikers aufzudecken. Ihre Methoden sind dabei alles andere als konventionell: Die "Beratungsagentur" der beiden hat sich auf "besondere Dienstleistungen" spezialisiert. Pep, der sich Borja Masdéu-Canals Sáenz de Astorga nennt, um einfacheren Zugang in die High Society Barcelonas zu haben, lässt die Agentur nicht in das Handelsregister eintragen. Von der rechtswidrigen Sachlage abgesehen, war das wohl die beste Entscheidung, die er treffen konnte, denn die Agentur bewegt sich stark am Rande der Legalität:
Hochstapelnd durch Oberschicht geschnüffelt
Als Strohmänner regeln sie für reiche Oberschichtmitglieder unangenehme Gelegenheiten, spüren betrügenden Ehefrauen (oder Affären) nach oder lassen auf kreative Weise unliebsame Flecken auf den weißen Westen ihrer Klienten verschwinden. Das Büro ist in einem der vornehmsten Viertel der Stadt, besteht aber nur aus dem "Vorzimmer", die Mahagonitüren mit den Namenszügen der beiden hängen vor einer Wand, die imaginäre Sekretärin, die den Kunden einen Hauch von Seriosität entgegenwerfen soll, wird durch Lippenstiftflaschen und Parfümduft erstellt und ist bei Kundenbesuch immer leider "außer Haus". Schriftverkehr ist natürlich verpönt.
Eduard wäre von sich aus niemals auf eine solche Geschäftsidee gekommen. Er ist der zurückhaltende dreifache Vater, seit Jahren mit seiner Frau verheiratet und betrachtet kritisch seine Umwelt. Ganz anders Pep: Der weit gereiste Lebemann (oder Hochstapler) wählt seit Jahren die Konservativen, aus "ästhetischen Gründen", wie er meint. Mit allerlei Erfindungsgeist und seinem beredten Charme schafft er es, jede Tür zu öffnen und erhält Zugang in jedes gesellschaftliche Milieu, während er "nebenberuflich" mit dem Schmuggel im Hafen seine notorische Geldnot ausgleicht.
Literarische Vorbilder für das ungleiche Paar waren unter anderem der über den Dingen schwebende Sherlock Holmes und sein sachlicher Kollege Dr. Watson sowie Don Quijote und Sancho Panza. Mit spitzer Feder bietet "Mord auf katalanisch" einen humorvollen Abriss der katalanischen Großstadtgesellschaft, wo der gute Ton in Wichtigkeit nur dem sauberen Schein nachsteht und der geringste Fauxpas den Untergang bedeuten kann. Die herzerfrischende Leichtigkeit, mit der Solana die Geschichte der Brüder schildert, fesselt den Leser schon zu Beginn und wird ihn mit Garantie auch auf den nächsten 288 Seiten nicht loslassen. Das Buch erschien bei Piper und kostet 14 Euro.
Von Stefan Kascherus
Dritter Roman in Arbeit
Zur Person
- Es handelt sich um den ersten veröffentlichten Roman der Autorin Teresa Solana, ein dritter ist bereits mit denselben Hauptcharakteren in Planung.
- Im Frühjahr 2008 erscheint erst einmal mit "Abkürzung ins Paradies" der zweite Roman Solanas in deutscher Übersetzung.
- Solana studierte Philosophie und klassische Philologie und schrieb bereits früher Bücher, scheiterte aber an ihrer eigenen Kritik.
- Lange Jahre war sie als Übersetzerin und Leiterin des Übersetzungszentrums "Casa de Traductor" in Tarazona tätig.