Vortrag über die evangelischen Gemeinden
in Argentinien
Aktive Kirche in der Pampa
Bad Berleburg. "Jetzt übertreibt ihr aber in Wittgenstein" – das sei die Reaktion ihres Bruders gewesen, als sie ihm erzählt habe, dass sie zu einem Vortrag "Kirche in der Pampa" gehe. So begrüßte die Synodalassessorin Claudia Latzel-Binder jetzt rund 40 Zuhörer im Haus der Kirche an der Berleburger Schlossstraße, die zu eben jener Veranstaltung gekommen waren. Dabei ging es gar nicht um die Kirche in Wittgenstein, vielmehr war das der Beitrag des evangelischen Kirchenkreises Wittgenstein zum Berleburger Literaturpflaster, das diesmal Argentinien in den Mittelpunkt stellt.
Und deshalb war "Kirche in der Pampa" keine flapsige Umschreibung, sondern eine akkurate Einordnung der evangelischen Kirche in Argentinien. Schließlich ist die Pampa die riesige argentinische Ebene, "eine der ausgedehntesten und fruchtbarsten der Welt", wie die Referentin Daniela Kreher ausführte. Die wohnt zwar inzwischen in Berghausen, ist als Tochter des ehemaligen Raumländer Pfarrrers Günter Kreher jedoch in Argentinien aufgewachsen und hat dort auch studiert.
Mit Begeisterung und Fachwissen brachte sie den Zuhörern die Evangelische Kirche am La Plata näher. Diese ist in Argentinien, Paraguay und Uruguay zuhause und wurde im 19. Jahrhundert von deutschsprachigen Einwanderern begründet. In Argentinien gelten noch heute offiziell 90 Prozent der Einwohnern als katholisch, gerade einmal zwei Prozent sind evangelisch – wobei die Bandbreite der Gruppen noch einmal immens ist. Genau konnte Daniela Kreher die Mitgliederzahl der Evangelischen Kirche am La Plata nicht benennen. Pi mal Daumen schätzte sie allerdings, es seien nicht einmal 50 000 unierte Christen auf einem Gebiet, das auf Europa umgerechnet vom portugiesischen Lissabon bis zum weißrussischen Minsk reiche.
Insgesamt gebe es hier 42 Gemeinden mit 250 Predigtplätzen, wo 76 Pfarrer und 13 Diakone arbeiteten. Daniela Kreher blickte versiert in die Geschichte zurück, sprach davon, wie die einstmals deutsche Kirche, der diese Wurzeln noch heute wichtig sind, in Argentinien heimisch wurde und erst 1959 von der deutschen zur spanischen Sprache überwechselte. Auch wie die ursprünglich katholische Befreiungs-Theologie in die La-Plata-Kirche Eingang fand, schilderte die Berghäuserin anschaulich, und wie die La-Plata-Kirche auch in den Jahren der Militär-Diktatur ihre Distanz zum Regime wahrte.
Der ehemalige Berleburger Pfarrer Peter Lienenkämper war übrigens von 1974 bis 1980 Präsident der Evangelischen Kirche am La Plata. Heute hat diese die Achtung der Menschenrechte und vor der Natur in ihrer Satzung stehen. Solche Sachen merkte die 30-Jährige immer mit ein wenig stolzgeschweller Brust an, schließlich sei das die einzige ihr bekannte evangelische Kirche, bei der das der Fall sei.
Und manchmal, wenn sie von der La-Plata-Kirche sprach, sagte sie "bei uns" oder auch "wir". Das machte das Erzählte so echt. Und es blieb nicht beim Blick zurück, es wurde auch in die Zukunft eines korrupten Landes geschaut, in dem die ohnehin weit gespreizte Schere zwischen Arm und Reich sich immer weiter öffnet. Was für die Evangelische Kirche am La Plata, die heute bereits 36 Sozialprojekte betreut, zukünftig wohl noch viel mehr Arbeit bedeutet.
Der Kirche ist übrigens wichtig, dass auch aus armen Familien die Kinder an der vor 40 Jahren gegründeten Evangelischen Theologie-Hochschule in Buenos Aires studieren können: "Das ist unsere Schule, da werden unsere Pfarrer ausgebildet", kommentierte Daniela Kreher eines ihrer zahlreichen Bilder, die den Vortrag untermalten. Sie selbst hatte ebenfalls an der Isedet studiert, derzeit ist ihre Schwester Stefanie dort. Daniele Kreher bekam von Marlen Jourdan von der Veranstaltergemeinschaft einen der begehrten Literaturpflastersteine – und sagte: "Da hab' ich mich die ganze Zeit drauf gefreut."