Bad Berleburg. (schn) Wenn ein Mensch von etwas fasziniert ist, kann man das an seinen Worten ablesen. Bei Rupert Barensteiner war genau dies am Dienstagabend der Fall. Im Rahmen des Bad Berleburger Literaturpflasters lud der ehemalige Lehrer seine Zuhörer auf einen "Streifzug durch das Land des Tangos" ein.
Seine Multivisionsschau bot spannende Einblicke Argentiniens, mitten in den touristischen Zentren und noch öfter abseits davon. Der Allgäuer Rupert Barensteiner hatte Bilder seiner vergangenen Reisen zusammengestellt. In den Jahren 2004 bis 2009 hat er jedes Jahr mehrere Monate in Argentinien verbracht und so viel von Land und Leuten kennen gelernt. Seine besondere Aufmerksamkeit galt dabei einem Projekt der Indios in Humahuaca, das Barensteiner privat unterstützte.
Dort wird ein Kinderwohnheim betrieben, das es auch Jungen und Mädchen aus den Bergregionen ermöglicht, eine gute Schule zu besuchen. Rupert Barensteiner lobte vor allem das Engagement der Eltern in diesem Projekt. Vielen Ureinwohnern ginge es wohl besser, wenn ihre Provinzen nicht zu Argentinien, sondern zu Bolivien gehören würden, so der Referent.
Argentinien habe sich zu einem rassistischen Land entwickelt, in dem die Europäer das Sagen hätten. Rund 40 Prozent der Menschen hätten italienische Wurzeln. "Wenn sie durch eine der großen Städte gehen, dann fallen sie als Weißer nicht auf", so Barensteiner. Die Indios würden kaum beachtet, anders als in anderen Staaten Südamerikas. Bis einmal Geld aus Buenos Aires bis in die Provinzen gelange, dauere es lange und viele Mittel würden einfach in den Kanälen der Korruption versickern.
Argentinien sei deutlich europäischer geprägt als seine Nachbarn. Allerdings kenne das Land nicht nur Spannungen zwischen den verschiedenen Ethnien, sondern auch zwischen den politischen Gruppen. Noch heute leide das Land unter den Folgen der Militärdiktatur in den 1970er Jahren. Viele Frauen demonstrierten bis zum heutigen Tag vor dem Regierungssitz, da der Verbleib von Familienangehörigen bis heute nicht geklärt sei: "Die Frauen haben bis heute eine Rechnung mit dem Staat offen."
Auch haben die Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahre hätten Argentinien stark zugesetzt, die Gewerkschaften demonstrierten ihre Unzufriedenheit. Dennoch sei Argentinien gleichzeitig auch ein Land der Lebensfreude, auch wenn der Nationaltanz, der Tango Argentino, immer in Moll gespielt werde. Die Einwanderer kämen mit großen Hoffnungen nach Buenos Aires, das Tor Argentiniens, landeten meist aber in der Arbeitslosigkeit.
Aus diesem Lebensgefühl entstand der Tango. Noch heute wird dieser Tanz nicht nur getanzt, sondern zelebriert. Auf den Straßen von La Boca wird der Tanz öffentlich gezeigt, die Tänzer stellen stolz ihr Können zur Schau, die Straße wird zur Bühne. Von den Straßen La Bocas nahm Rupert Barensteiner die Menschen mit auf eine Rundreise, zuerst durch Buenos Aires, dann weiter durch das Land nach Norden und schließen durch die Anden wieder nach Süden bis nach Feuerland. Die Hauptstadt wurde nie in einem Krieg zerstört, so konnte sich eine fast einzigartige Bauvielfalt erhalten, von historisch spanisch bis hin zur modernen Glasarchitektur. Dazwischen, quasi als Kontrast, immer wieder Che Guevara, der fast allgegenwärtig ist.
Die Menschen haben große Sympathien für die Sozialisten und Revolutionäre des Kontinents. Oft wird der Blick auch sehnsüchtig nach Kuba oder nach Venezuela zu Hugo Chavez gerichtet. Beeindruckend der Kontrast zwischen den Bildern der Hauptstadt und den Städten und Siedlungen auf dem Land. Humahuaca als Beispiel hat sein historisches Gesicht behalten, die Bautechniken haben sich seit vielen Jahrzehnten nicht verändert. Noch immer wird mit Lehmziegeln gebaut. Allerdings ist das nicht die schlechteste Technik.
Im Sommer bleibt die Hitze draußen, im Winter die Wärme der Öfen im Inneren. Diese Eigenschaften braucht es Argentiniens Hochland. Die Sonne brennt heiß und die Kälte schlägt hart zu. Daneben gibt es fruchtbare Täler und Ebenen, auf denen alle möglichen Feldfrüchte wachsen. Schroff und bunt sind die Sehenswürdigkeiten der Natur. Mancherorts schimmern die Felsen in bis zu sieben Farben. Die Wasserfälle des Iguazú sind in ihrer Ausdehnung die größten der Welt und die Anden bieten einen unvergleichlichen Anblick.
Der 6962 Meter hohe Aconcagua ist der höchste Berg Amerikas und umgeben von einer faszinierenden Landschaft, mit Siedlungen in Höhen über 5000 Meter. Rupert Barensteiner beendete seinen Vortrag mit Bildern Feuerlands. Er hätte wahrscheinlich noch Stunden über Argentinien berichten können, immer wieder zeigte er Bilder von Menschen, denen er begegnet ist, viele Kinder und junge Menschen darunter. In Argentinien heiratet man früh, mit 15 oder 16 ist es keine Seltenheit. Barensteiner berichtete auch das fast nebenbei. Er kennt das Land, beherrscht die Sprache. Man merkt ihm seine Faszination an und dass ihm vieles, das Mitteleuropäern seltsam erscheint, kaum noch auffällt.
Er spricht aus der Sicht des Insiders, auch das machte das Besondere an dem Vortrag aus. Das haben sicher auch die Schülerinnen und Schüler des Johannes-Althusius-Gymnasiums und der Hauptschule mitbekommen. Dort berichtete Barensteiner am Mittwoch von seinen Erlebnissen in Argentinien.