Andrzej Szczypiorski
Der am 3. Februar 1928 geborene Andrzej Szczypiorski war Zeit seines Lebens nicht nur ein anerkannter Literat in der polnischen Schriftstellerszene, sondern erlangte ebenso durch sein politisches Engagement an Bedeutung. So beteiligte Szczypiorski sich 1944 am Warschauer Aufstand gegen das NS-Regime und wurde dafür bis 1945 im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Das Erlebnis des Leidens und Kämpfens unter deutscher Besetzung sowie der Lageraufenthalt prägten seine spätere schriftstellerische Arbeit entscheidend. Nach dem Krieg arbeitete er dann als Rundfunkjournalist und stand von 1956 bis 1958 im diplomatischen Dienst in Kopenhagen. Schon 1955 nahm Andrzej Szczypiorski seine literarischen Tätigkeiten auf und arbeitete später als freier Literat und Publizist. Für die Parabel "Eine Messe für die Stadt Arras" (pl. "Msza za miasto Arras"), die 1971 in Polen erschien, wurde Szczypiorski mit der Aufnahme in den polnischen PEN-Club geehrt, bei dem er später Vorstandsmitglied wurde. Von 1974 bis 1984 bekleidete er zudem das Amt des Generalsekretärs des polnischen Autorenverbandes. Ab 1977 veröffentlichte Szczypiorski seine Beiträge zunehmend in Oppositionszeitschriften und schrieb überdies 1978 in einem Vorwort über die Ermordung der polnischen Offiziere in Katyn durch den sowjetischen Geheimdienst, woraufhin er mit einem Publikationsverbot belegt wurde. Szczypiorski publizierte fortan in Emigrationsverlagen und im Untergrund. Aus diesem Grund wurde er, nach Verkündung des Kriegszustandes 1981, bis 1982 interniert. Nach seiner Freilassung schloß er sich der oppositionellen Gewerkschaft Solidarność an und wurde 1989, während der ersten nahezu freien Wahlen, ins polnische Parlament gewählt.
Andrzej Szczypiorski wurde in Deutschland insbesondere durch seinen Roman "Die schöne Frau Seidenman" (pl. "Początek"), der 1986 in Polen erschien und zwei Jahre später in Deutschland publiziert wurde, bekannt. Vordergründig arbeitet Szczypiorski in seinen Werken die Holocaust- Ereignisse des 2. Weltkrieges in Polen auf (sog. Holocaust- Literatur), besonders diejenigen, die im Zusammenhang mit seiner Heimatstadt Warschau stehen. Schon früh setzte er sich für die deutsch-polnische Versöhnung ein, indem er die Charakteristik von Gut und Böse, Tätern und Opfern in seinen Romanen weitestgehend thematisiert und aufhebt. Mit dieser Art der Darstellung, die fern deutscher Feindbilder steht und die Polen an ihre eigene Schuld erinnert, fand Szczypiorski auch in Deutschland große Zustimmung. So wurde ihm 1989 der Nelly-Sachs-Preis und 1995 der Andreas-Gryphius-Preis verliehen. Zudem wählte UNICEF ihn 1997 zum Botschafter des guten Willens.
Andrzej Szczypiorski verstarb im Jahr 2000 an den Folgen einer Lungenentzündung.