Die 1951 in St. Petersburg (Leningrad) geborene Tatjana Tolstaja, studierte Klassische Philologie an der Staatlichen Leningrader Universität. Nach Abschluss des Studiums arbeitete sie von 1974 bis 1983 als Junior-Redakteurin in der Hauptredaktion des Literaturverlages "Wissenschaft". Ihrem literarischen Werdegang widmete sie sich ab 1983. Im gleichen Jahr wurde sie Mitglied des PEN-Zentrums in Russland. 1987 veröffentlichte Tolstaja ihre erste Sammlung von Erzählungen, „Stelldichein mit einem Vogel“, der sie quasi über Nacht zu einer der bekanntesten Schriftstellerinnen der Sowjetunion machte. Für diverse Lehrtätigkeiten und Lektorenaufträge verließ sie zwei Jahre später Russland, um zehn Jahre in den USA zu verweilen. In den neunziger Jahren lehrte sie beispielsweise an der Princeton University in New York und am Skidmore College in New Jersey, während sie für Magazine wie The New York Review of Books zahlreiche, teils kritische, teils humorvolle Essays zur russischen Literatur und Politik verfasste. 2000 kehrte sie nach Russland zurück, um ihren bereits vierzehn Jahre zuvor begonnenen Roman „Kys“ innerhalb von einem Monat zu beenden. 2001 erhielt sie für diesen den Triumph- Preis für russische Kunst und Literatur, eine der höchsten Auszeichnungen der russischen Literaturszene.
Nicht ihrer adligen Herkunft (Verwandtschaft mit Leo Tolstoi) hat sie ihr Ansehen in Russland zu verdanken, sondern ihren Kommentaren als Schriftstellerin und Essayistin, aber auch als Fernsehmoderatorin, die kritisch-ironisch die Lage ihrer Nation beleuchten. 2011 gastierte Tolstaja im Rahmen der Siegfried-Unseld-Professur (Gastlehrstuhl für Autoren aus Mittel- und Osteuropa) am Institut für Slavistik an der Friedrich-Humboldt-Universität in Berlin und lehrte dort autobiographische Schreibweisen und literarische Meisterwerke am Beispiel der russischen Literatur.